Ökologischer Landbau

- Interdisziplinäre Umweltbildung

Landwirtschaft [1] ist Unterrichtsthema im Vorfachlichen Unterricht, in der Sachkunde, in Deutsch, Geschichte, Erdkunde, Biologie und Chemie sowie gelegentlich in weiteren Fächern, z. B. in Kunst oder Musik.
Vernetzt und vielfältig sind die Themen und es stellt sich die Frage nach dem Überblick, nach den inhaltlichen Bezügen einzelner Fragen und der jeweiligen Unterrichtsfächer zueinander. Der folgende Beitrag soll einen Überblick zum Ökologischen Landbau vermitteln und Informationsquellen benennen.
Zur leichteren Lesbarkeit erscheinen Hinweise zur unterrichtlichen Behandlung kursiv und rechtsbündig. Bei Exkursionen zu landwirtschaftlichen Betrieben sollten zum Vergleich Höfe unterschiedlicher Bewirtschaftungsformen besichtigt werden.

Bei Biologischen Lebensmitteln denken 2/3 der Käufer in Reformhäusern an Gesundheit und nicht an Umweltschutz. Und bei vorsorgendem Umweltschutz denken viele gerne an die Industrie. Aber die großen Umweltbelastungen sind die individuelle Mobilität (PKW und Flugreisen), Art des Wohnens (wachsender Flächenverbrauch und Heizungsaufwand) und der Ernährung (intensive Landwirtschaft und zu großer Fleischanteil - der hat sich in den vergangenen 30 Jahren mehr als verdoppelt, während der Verbrauch an Getreide um ein Viertel und der von Kartoffeln um mehr als die Hälfte zurückging). Die Alternative zur industrialisierten Landwirtschaft ist der Ökologische Landbau [2], auch Ökolandbau oder Biologischer Landbau genannt.

»  Manuel Schneider (2000): Mythen der Landwirtschaft - 
 Fakten gegen Vorurteile, Irrtümer und Unwissen - 
 Argumente für eine ökologische Agrarkultur
 Stiftung Ökologie & Landbau, Sonderausgabe Nr. 76
 schneider(at)schweisfurth.de

Agrarlandschaft im Wandel

Vom Ende des 19. bis zum Ende des 20. Jahrhunderts führten Kunstdünger, Mechanisierung und neue Sorten zu einer tiefgreifenden Veränderung der Landwirtschaft, z. B. versechsfachte sich in diesem Zeitraum der Flächenertrag für Kartoffeln. Schon in den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts wurden die Gefahren wirtschaftlicher Abhängigkeit von der Agrarindustrie von dem Schweizer Ehepaar Müller erkannt, treibendes Motiv den organisch-biologischen Landbau zu propagieren.

Ökologischer Landbau

  • Erhaltung der Bodenfunktionen ohne Zusatz von Chemikalien 
  • Schutz von Natur und Landschaft
  • Erhalt der Energie- und Rohstoffquellen
  • Schonung des Grundwassers und Verbot von Kunstdünger und Pestiziden
  • Produktion von Milch und Fleisch ohne Einsatz von Antibiotika

 » Geräte- und Energieeinsatz, Ernteerträge, Schlachtalter  und Betriebsgrößen
  im 19. Und 20. Jahrhundert

Ob derart produzierte Nahrungsmittel der Gesundheit abträglich sind, ist eine umstrittene Frage. In jedem Fall ist eine derartige Produktionsweise umweltschädlich und bei der Belastung des Grundwassers langfristig ebenso gesundheitsschädlich wie stickstoffangereicherte Nahrungsmittel sowie der leichtfertige Einsatz von Antibiotika mit der daraus resultierenden Zunahme der Resistenz von Krankheitserregern eine gesundheitliche Gefährdung es sind. Sicherlich gesundheitsschädlich sind die Auswirkungen einer derartigen Produktionsweise, wenn z. B. in Europa jede 10. Rinderleber Clenbuterol enthält und Entrecôtes bes. in Belgien und in Deutschland hohe Anabolika-Werte und Feldfrüchte immer wieder Pestizide aufweisen.

» Literaturrecherche in "Test", "Ökotest" o. ä. Magazinen

Auf Grund der Steigerung der landwirtschaftlichen Produktivität ernähren immer weniger Bäuerinnen und Bauern immer mehr Städter. Zu Beginn des westdeutschen Wirtschaftswunders war jeder vierte Erwerbstätige in der Landwirtschaft, heute ist es jeder dreißigste. Von den ehedem 1,65 Mio. Höfen wurden in dem vergangenen halben Jahrhundert über 1 Million stillgelegt und weitere 40 Höfe schließen täglich.
Gleichzeitig fielen für Nahrungsmittel drastisch die Preise, früher gaben Städter die Hälfte des Einkommens für Nahrungsmittel aus, heute etwa 15 %. Mit dem Preisverfall ging auch  die Abnahme des den Bauern verbleibenden Anteils einher, so steigerten Handel und verarbeitende Industrie ihren Anteil an den Verkaufspreisen um die Hälfte und kassieren nunmehr zwei Drittel des Verkaufserlös, während der den Bauern verbleibende Anteil um die Hälfte auf weniger als 20 % gesunken ist.
Diese Entwicklung ist nicht rundum negativ zu beurteilen, sie ermöglichte eine deutliche Verbesserung der Arbeitsbedingungen und Lebenserwartungen für die Bäuerinnen und Bauern. Das Problem dieser Entwicklung ist jedoch die völlige Abhängigkeit der Landwirtschaft von dem staatlich geregeltem Agrarmarkt und den Subventionen der EU.
Ziel des europäischen Agrarmarktes (Art. 39, EWG-Vertrag aus dem Jahre 1957) war es, die Märkte zu stabilisieren und die Versorgung der Bevölkerung zu angemessenen Preisen zu sichern. Insbesondere sollte mit der Förderung des technischen Fortschritts rationalisiert und die Produktivität der Arbeitskräfte gesteigert werden; damit sollte das Pro-Kopf-Einommen der in der Landwirtschaft Beschäftigten gesteigert und ihnen eine angemessene Lebenshaltung gewährleistet werden.
Kernstück des EG-Agrarmarktes ist die Sicherung der landwirtschaftlichen Einkommen durch Preis- und Absatzgarantien. Für bis zu 79 % der Agrarproduktion gab es Marktordnungen, die Schutz vor Billigimporten sowie Absatz und Preis für die Landwirte garantierten. Dies geschieht über die Verpflichtung der Mitgliedsstaaten zum Aufkauf der Überschüsse zu garantierten Abnahmepreisen, den Interventionspreisen, mit den Folge steigender Agrarpreise, dann höherer Produktion und schließlich wachsendem Überangebot (Überschüsse 1996: 112 % Getreide, 109 % Milcherzeugnisse, und 108 % Rindfleisch). Die eingelagerten Überschüsse hatten zeitweilig einen Wert in der Größe des halben Jahreseta

Dritte oder Eine-Welt?

Mit den oft aus der hungernden Dritten Welt importieren Futtermitteln werden hier die Tiere für Milchseen, Butterberge, Eierhalden und Fleischhaufen gemästet. Deutschland ist der weltgrößte Nahrungsmittelimporteur und der drittgrößte
-exporteur. 80 % der unterernährten Kinder leben in Ländern mit Nahrungsmit-telüberschuss, rein rechnerisch stünden jedem Menschen auf der Erde täglich 1,5 kg Lebensmittel aus pflanzlicher und 0,5 kg aus tierischer Produktion zu.
Über die Hälfte der Getreideernte und 4/5 der gesamten Ernte werden in Deutschland als Tierfutter verwandt. Die verfütterten Lebensmittel werden nur zu einem kleinen Teil über die Nahrungskette bis zum Menschen weitergegeben (ca. 10 % bei Huhn und Rind, 20 % bei Milch, 25 % beim Ei und 35 % beim Schwein).

» Manuel Schneider (2000): Mythen der Landwirtschaft -  
 Stiftung Ökologie & Landbau, Sonderausgabe Nr. 76
»Erstellen eines Pfeildiagramms
 unter Berücksichtigung der Landwirtschaft in der Dritten Welt
» www.ifoam.org

Arbeitsplätze

Mit dieser Politik der Überproduktion landwirtschaftlicher Erzeugnisse bei Abschottung gegenüber dem Weltmarkt durch Schwellenpreise und einer Abnahmegarantien über Interventionspreise und -bestände werden wesentlicher Marktgesetze außer Kraft gesetzt. Dies führt zu wachsenden Betriebsgrößen und zu zunehmender Spezialisierung und intensivierter Bewirtschaftung. 20 % der Landwirte erhalten 80 % der Förderung. Unmittelbare Effekte sind neben der Überproduktion die Vernichtung von Arbeitsplätzen und eine enorme Umweltbelastung. 

» Rollenspiel zu den verschiedenen Interessen bei der Mineraldüngung
 Eiweißstoffwechsel - Fleischertrag - Lachgas

All dies wird über die staatliche Intervention gefördert und vom Steuerzahler finanziert (so wurden in den 15 Jahren vor der Wende 1989 die Ausgaben verachtfacht), was in einem problematischen Imageverlust der Landwirtschaft mündete, deren Leistungen in der Öffentlichkeit kaum noch wahrgenommen wurden - und dies bei stetem Rückgang ihrer Gewinne.
Ökohöfe benötigen dagegen Menschen für die Bereitstellung im regionalen Vertrieb, Waschen, Verarbeiten, Verpacken, ggf. selber Vermarkten. Mit dem Ökologischen Landbau sind verarbeitendes und weiteres Handwerk verbunden. Die regionsbezogene Produktion, Vermarktung und Verarbeitung setzen einen regionalen Gütertransport voraus. Dies sind arbeitsintensive Betriebsformen.
Die Bundesanstalt für Landwirtschaft stellte in einer europaweiten Studie fest, dass ökologische Höfe gleichhohe Gewinne wie konventionelle erwirtschaften und bezogen auf die Familienarbeitskraft sogar etwas mehr verdienen. (In einer zeitgleichen Studie der UN wurden für die Landwirte in der Dritten Welt sogar Ertragssteigerungen um bis zu 300 % prognostiziert).
Hinzu kommen Marketing-Strategien im Fremdenverkehr, der sich insbesondere auf Biosphärenreservate, Nationalparke etc. zu beziehen hat.
Im Blick auf die äußerst problematische Alterspyramide sind die kooperierenden Arbeitsverhältnisse, z. B. Praktikanten und Auszubildende, weitere bevölkerungspolitisch positive Effekte des Ökologischen Landbaus.
Diese sozioökonomischen Seiten des Ökologischen Landbaus werden politisch kaum wahrgenommen.

Reform des EU-Agrarmarkts - Agenda 2000

Mit dem Beitrittsbegehren der osteuropäischen Länder und ihren großen landwirtschaftlichen Nutzflächen konnten die überfällige Reform des EU-Agrarmarktes nicht weiter auf die lange Bank geschoben werden. Die bisherige agrarpolitische Praxis der Stützungskäufe wäre in der vergrößerten Union nicht mehr zu finanzieren.
So wurde für die Agrarpolitik im Rahmen der mittelfristigen Finanzpolitik der EU und ihrer Erweiterung - Agenda 2000 - ein bis zum Jahre 2006 reichendes neues Konzept entwickelt: Die Agrarausgaben werden auf 39 % gesenkt und dabei umgeschichtet, weg von Preisstützung und Ausfuhrsubvention und hin zu Einkommensbeihilfen und Beihilfen für strukturelle Verbesserungen des ländlichen Raumes. 

»  http://www.bmelv.de

Dennoch liegen die Preise weit über dem Niveau des Weltmarktes. Für Produzenten in den beitretenden Drittländer besteht damit die Gefahr des Preisanreizes und eines dann zusätzlich wachsenden Überschusses. Im Wesentlichen bleiben direkten Beihilfen unbefristet für Produkte und Flächen erhalten. In Deutschland werden die Stützpreise für Getreide und Rindfleisch um 15 - 20 % gesenkt. Die zwar höheren Prämien kompensieren die Preissenkung nur zu ca. 60 %, das sind bei einem Gesamtumsatz von 17,8 Mrd. DM 1,5 Mrd. DM weniger.
Gezielte Umweltschutzmaßnamen sollen in der Landwirtschaft durch Aufstockung der Haushaltsmittel gefördert und zu einer zweiten Säule der Agrarförderung ausgebaut werden. Hierzu sind in der Agenda 2000 jährlich 4,3 Mrd. 2 für ländliche Entwicklung vorgesehen (10% der EU-Agrarausgaben), wovon 2,8 Mrd. 2 für Umweltmaßnahmen vorgesehen sind. Dies kann also nur der Beginn der zweiten Säule sein, zumal mit weiteren Preissenkungen und der Weltmarktorientierung die Landwirtschaft stärker unter Druck gerät.
Drastisch ist die Entwicklung auf dem besonders für Deutschland wichtigem Milchmarkt, dort wird bei um 17 % sinkenden Interventionspreisen die Milchquote sogar noch erhöht, mit den Folgen weiterer Konzentration und stärkerer Umweltbelastung. Sie soll um 2 %, das sind 2 Mio. weitere Tonnen Milchprodukte, angehoben werden. (Mit dem Überschuss von 12 Mio. t hält Europa bereits 40 % des Weltmarktes an Milchprodukten. Deutschland produziert 29 Mio. t). Die Konsequenzen:

  1. Die Konzentration hält an, weitere Höfe werden dicht machen und die Mitarbeiter entlassen, die ökologische Belastung wird sicher nicht gemindert.
  2. Es wird mit einem Milchpreis von 0,50 DM/l oder weniger gerechnet, halb so viel wie Mineralwasser, da stimmen die Preisrelationen nicht.
  3. Soja wird für die Milchproduktion mittels intensiver und umweltschädlicher Rinderhaltung importiert. Teile des Milchüberschusses werden anschließend als Trockenmilch in Drittweltländer verbracht und dort für die Säuglinge und Kleinkinder oftmals mit durch Krankheitserregern belastetem Wasser angerührt, statt dass die Mütter u. a. mit Soja hinreichend ernährt ihre Kinder selber stillen und vor Infektionskrankheiten bewahren können.

Die enorme Leistungssteigerung in der Tierproduktion setzt nicht nur unter Tierschutzaspekten problematische Haltung voraus, sondern nimmt eine deutliche Zunahme von Erkrankungen in Kauf: Innerhalb von 35 Jahren stieg die Milchleistung um 30 %, während die Eutererkrankungen um 600% und die Klauen- und Gliedmaßenerkrankungen um 300 % zunahmen.  Auch dies fördert den Medikamenteneinsatz in der Tierproduktion.
Die Agenda 2000 ist zwar bis 2006 projektiert, jedoch soll 2003 ein Zwischenbericht vorgelegt werden, wo bereits jetzt deutlich geworden sein soll, dass zunehmend von der Produktion abgekoppelt wird und stärker ökologische und landschaftsgestaltende Maßnahmen gefördert werden sollen. Dies mag ein leiser Hoffnungsschimmer sein. Es ist auch zu bedenken, dass eine schnelle und drastische Korrektur des in 45 Jahren gewachsenen Agrarmarktes äußerst große Verwerfungen zur Folge hätte, die die notwendige politische Akzeptanz verunmöglichten sowie zu starkes Umsteuern und spätere Korrekturen unbekannten Ausmaßes notwendig machen könnten.

Erzeugerverbände

Gut 2 % der landwirtschaftlichen Betriebe bewirtschaften nach den Regeln des Ökologischen Landbaus 2,6 % der landwirtschaftlichen Nutzflächen (damit liegt Deutschland hinter Liechtenstein, Österreich, Schweiz, Finnland, Dänemark, Italien, Schweden und Tschechien in Europa mit gesamt 2,9 Mio. ha Anbaufläche auf dem 9. Platz. Von den weltweit bestellten 7,5 Mio. ha werden u. a. 1,7 Mio. ha in Australien und 0,9 Mio. ha in den USA angebaut). 85 % der deutschen Bio-Höfe gehören einem der Erzeugerverbände "Demeter", "Anog", "Bioland", "Bio Kreis", "Naturland", "Ökosiegel", "Gäa", "Biopark" und "Eco Vin" an.

» www.organic-europe.net

Dies schlechte deutsche Ergebnis ist auf den ersten Blick verwunderlich, stand doch die Krippe des Ökolandbaus in der Schweiz und in Deutschland. Aber genau dies ist das Problem. Die unterschiedlichen Weltanschauungen - einst Ansporn beim Propagieren neuer Konzepte - sind zur Kooperation hemmenden Fessel geworden.
Die Geschichte der Verbände ist sehr unterschiedlich. Der älteste, "Demeter", erklärt sich aus der anthroposophischen Weltanschauung und Ökonomie, "Anog" kümmerte sich zunächst um Obst und Gemüse, "Bioland" ging auf den organisch-biologischen Landbau der Schweizer Maria und Hans Müller zurück, denen der Erhalt der Bodenfruchtbarkeit ebenso wichtig war wie die wirtschaftliche Unabhängigkeit der Kleinbauern von den Herstellern chemisch-synthetischer Dünge- und Pflanzenschutzmittel. "Naturland" arbeitet international. "Gäa" entstammt der Kirchenbewegung in der ehemaligen DDR und "Biopark" ging aus dem Forschungsprojekt "Landschaftspflege durch Nutztierhaltung" in Mecklenburg-Vorpommern hervor. Zu diesen unterschiedlichen Verbandszeichen kommen noch zahlreiche Handelsmarken.
Die Vielfalt mag für den Kenner reizvoll sein, ist aber alles andere als zeitgemäß oder gar geschäftsfördernd. Die Verbände haben sich 1988 zur "ArbeitsGemeinschaft Ökologischer Landbau (AGÖL)" zusammengeschlossen, nachdem bereits 1984 die ersten gemeinsamen Richtlinien für einen Minimalstandard festgelegt wurden. 

» www.agoel.de

Es sollte ein gemeinsames Markenzeichen vereinbart werden, was erst Anfang 1999 durch die AGÖL und der CMA (Centrale Marketing-Gesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft) gelang und bisher auf Grund der Eifersüchteleien zwischen den Erzeugerverbänden, Unstimmigkeiten innerhalb der CMA und mit der konventionellen Landwirtschaft sowie seitens des ambivalenten Einzelhandels nicht in die Praxis umgesetzt wurde. Der Erfolg ist eindeutig, über 80% der ökologischen Produkte in den Warenhäusern werden importiert (Losungen á la "saisonal und Regional" oder "aus der Region für die Region" sind damit hinfällig).

Die Öko-Verordnung der EU

Bereits 1991 trat die EG-Öko-Verordnung in Kraft, die die Kennzeichnung "bio" oder "öko" für pflanzliche landwirtschaftliche Erzeugnisse und Lebensmittel festlegt.

» www.lacon-institut.comt

Sie entspricht den Regeln der AGÖL, lässt jedoch die Verwendung von Klärschlamm zu und erlaubt, dass die Betriebe sich auch nur teilweise auf ökologischen Landbau umstellen. Dies lassen die AGÖL-Richtlinien nicht zu, um ein Vermischen von konventioneller und ökologischer Nahrungsmittelerzeugung von Anfang an auszuschließen. Ferner liegen keine konkreten Verarbeitungsvorschriften vor.
Nach 7-jähriger Beratung wurde die Verordnung mit Wirkung vom 24. 8. 2000 für tierische Produkte, Tierhaltung und -fütterung sowie Verarbeitung erweitert:

  1. Gentechnisch veränderte Organismen sind generell verboten.
  2. Die Tiere müssen Auslauf haben und hinreichend viel Fläche hat für die Ernährung der Tiere zur Verfügung zu stehen.
  3. Die Futtermittel haben ökologisch produziert und frei von Antibiotika und Leistungsförderern zu sein.

» Zusammenhang von Massentierhaltung - Gülle - Mais - Erosionen
» Zunahme der Viehbestände und Abnahme der Zahl der Halter
» Milchleistung und Entwicklung von Krankheiten

Das Marktvolumen für Fleisch- und Wurstumsatz beträgt mit 860 Mio. DM lediglich 1,5 % am Gesamtumsatz, ist aber im Einzelnen äußerst unterschiedlich. Bei 8000 t Schweinefleisch aus Ökoproduktion macht dies nur einen Marktanteil von 0,2% aus, während die 30000 t Rindfleisch 2 % und die 5000 t Schaffleisch sogar 12 % der jeweiligen Gesamtproduktion betragen.
Ebenso wie bei der Pflanzenproduktion räumt bei der Tierproduktion im Gegensatz zur AGÖL die EU die Möglichkeit ein, dass Betriebe nur teilweise umstellen, und sie gibt auch nicht vor, wieviel Futter bei nicht ausreichend zu Verfügung stehenden Anbauflächen maximal zugekauft werden darf. Sie lässt ferner den Einsatz gebeizten Saatguts und die Verwendung konventioneller Gülle zu. Die Verordnung gilt nicht für Erzeugnisse aus der Jagd und der Fischerei.

» Stickstofffixierung durch Stroh- und Mistdüngung mit hohem Strohanteil,
 Mineralmangel, z. B. beim Mais

Bestehende Produktbezeichnungen können bis 2006 erhalten bleiben. Dies führt dazu, dass z. B. die Artikel "Bioghurt" oder "Biophar" eine nicht vorhandene Öko-Qualität suggerieren, während der Käufer sich fragt, ob z. B. Bio- oder Naturland wirklich EU-gemäß produzieren. Dass dem so ist, kann er dem Hinweis auf die Mitgliedschaft in der AGÖL entnehmen, aber das muss vorher er wissen.
Für Fischereiprodukte gibt es für umweltfreundliche Fischerei das - vom WWF und Unilever begründete - MSC-Siegel (Marine Stewardship Council). Wesentliches Ziel ist die Verhinderung der Überfischung, Erholung überfischter Bestände und damit verbunden Minderung des Beifangs. Es haben sich bereits weltweit einige dutzend Fischereien um dies Siegel beworben, vergeben wurde es jedoch bisher nur für australische Langusten und Hering aus der Themse. 

» Heike Versper, WWF—Fischereiexpertin
 (04 21) 6 68 46-23, Fax - 12, www.wwf.de oder www.msc.org
 Beim WWF erhält man auch einen kleinen Einkaufsführer

Bedeutung des Ökologischen Landbaus

Die Beeinflussung naturbelassener Biotope durch konventionelle Landwirtschaft wird als größte Beeinträchtigung angesehen, gefolgt von der Belastung des Bodens, des Oberflächen- und vor allem des Grundwassers. Ökologische Landwirtschaft ist hingegen als Gemischbetrieb organisiert und verfolgt idealtypisch das Prinzip geschlossener Kreisläufe. Mineralische Stickstoffdünger sind ebenso wie chemisch-synthetische Pflanzenschutzmaßnahmen verboten und naturbelassene Biotope bleiben geschont.

Boden

Intensivierung und Industrialisierung der Landwirtschaft setzten erhöhte Erträge voraus und haben weitere Erhöhungen zum Ziel. Begrenzende Größe ist die Bodenfruchtbarkeit, die deshalb gesteigert werden muss. Typisch für diese Situation ist, dass der enorme Zuwachs des Energieverbrauchs in der Landwirtschaft nicht dem Einsatz von Traktoren und Maschinen (die ersetzten nur den Energieanteil der tierischen Zugkraft von ehedem knapp 60 %), sondern der Produktion energiereicher Kunstdünger geschuldet ist. Hinzu kamen Erfolge in der Pflanzenzüchtung sowie eine exaktere Bearbeitung mit leistungsfähigeren und vor allem schlagkräftigeren Maschinen, als es bisher üblich war.
In den vergangenen Jahrzehnten verdreifachte sich der Einsatz von Kunstdüngern und Pestiziden. 

» Entwicklung des Mineraldüngerverbrauchs, Verhältnis von N:P:K, Wende 1980
» Nitratgehalt und Aufwuchs bei Gründüngung und konventionellem Anbau
» Qualität, Nitratgehalt und  Handelsklasse, ggf. Messung von Vitamin C

Es wird zwar heutzutage etwas weniger als in den Vorjahren, jedoch immer noch zuviel gedüngt und die Zahl der zugelassenen Pflanzenschutzmittel wächst stetig, wie auch seit 1993 wieder der Einsatz von Pestiziden.
Zum Erhalt der Bodenfruchtbarkeit kommt der Humusbildung eine besondere Rolle zu. Eine vielgestaltige Fruchtfolge und die Verarbeitung von Stallmist dienen der Mehrung organischer Substanz. Mit der Fruchtfolge und dem Anbau von Hülsenfrüchten sollen nicht nur Stickstoff aus der Luft gebunden und über das spätere Unterpflügen Humus gebildet werden, sondern der über das ganze Jahr permanente Anbau von Pflanzen sichert einen ununterbrochenen Stoffwechsel im oberen Horizont des Bodens und verhindert damit, dass die Nährstoffe - wie bei einem liegen gelassenen Boden - in der Phase geringer Vegetation mit dem Regen in tiefere von den Pflanzen nicht erreichbare Schichten gelangen. 

» Humusgehalt, Krümelgröße, Poren, Wurmexkremente und Atmung
» Projekt Ökologische Bodenbewirtschaftung: www.soel.de

Das Unterlassen einer chemisch-synthetischen Kunstdüngung lässt Nährstoffe Mangelware werden und verlangt ein überlegtes und systematisches Management. Mittels mechanischer Bodenbearbeitung und Abdecken des Bodens und Mulchen werden Unkräuter eingedämmt und mittels der Fruchtfolge die Bodenfruchtbarkeit erhalten. Letzteres wird ferner durch die organische Düngung mit Mist und Gründüngung sowie durch das Mulchen unterstützt. 

» Mulchen im Schulgarten

Ein dergestalt erfolgter Bodenschutz hat eine ganze Reihe von positiven Effekten: Der Boden ist strukturiert und ermöglicht den Zugang zu den in ihm enthaltenen Nährstoffen, verbunden mit einer besseren Führung und Haltung des Wassers und einem besseren Gasaustausch. Die Pflanzennährstoffe werden nur allmählich freigesetzt und bleiben gebunden. Nähr- oder gar Schadstoffe gelangen nicht in das Oberflächenwasser. 

» Stickstoffkreislauf, Fixierung von Luftstickstoff durch Reis und Schmetterlingsblütler, Wirkungsgrad der Gülledüngung

Irreführende Propaganda:

Wiederholt haben chemischen Firmen in Anzeigen erklärt, dass der Verzicht von Stickstoffdüngung und chemischen Pflanzenschutz den Ertrag der Landwirte halbieren und fast eine halbe Million Arbeitsplätze kosten würde. Diese Berechnungen sind zwar formal richtig, aber unsinnig. Keiner würde Düngung und Pflanzenschutz einfach einstellen, vielmehr sollen sie durch die dargestellte ökologische Produktionsweise ersetzt werden und dann ergeben sich ganz andere Zahlen, sowohl im Blick auf die Produktivität als auch auf die Zunahme statt Abnahme von Arbeitsplätzen.

Hauptziel ökologischer Bodenbearbeitung ist bei der Aufrechterhaltung der Bodenfruchtbarkeit die Optimierung des Bodenlebens, der Lebensbedingungen der im Boden lebenden Organismen. Der Boden wird im Ökologischen Landbau idealerweise nichtwendend - also ohne Pflug -zur Grundbodenbearbeitung aufgelockert. Ist jedoch das Pflügen unumgänglich, sollte die Furche nicht tiefer als 15 cm sein, und wann immer es geht, sollte der Spurlockerer verwandt werden.

» Messung der Bodenatmung
» Messung der Selbsterhitzung von Kompost in einem Thermogefäß
» Verteilung von Würmern in einer Kiste mit unterschiedlichen Böden
» Exkursion oder Filme und Dias aus den Bildstellen

Wasser

Mehr als 50% der Flächen sind land- und 30 % forstwirtschaftlich genutzt.  In über der Hälfte aller deutschen Wassergewinnungsanlagen wurden aber Pflanzenschutzmittel festgestellt; in 15 % dieser Anlagen wurde der Grenzwert für Pestizide überschritten (in Bayern 22,6 %, EU-weit bereits 30 %). Die Pestizide haben seit den 50iger Jahren fast die Hälfte der Wildpflanzenarten auf den Äckern und Feldern ausgerottet. Nach 10 Jahren Ökologischer Landbau haben sich auf umgestellten Flächen wieder mehr als die Hälfte der ehemals ausgerotteten Pflanzenarten angesiedelt.

» Experiment Nitratauswaschung
» Nitratbestimmung im Trinkwasser und von Gemüse
» Mobilität von Nitrat, Verhinderung des Auswaschens der Nitrate, Nachweis ausgeschwemmten nitrathaltigen Düngers

Das Ergebnis billanzierte die Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages zum "Schutz der Erdatmosphäre": Nach wie vor gelangen jährlich 116 kg Stickstoff/ha und 20,5 Phosphat kg/ha Überschuss in die Umwelt. Sie belasten Böden, Gewässer und Luft gleichermaßen und haben bald ein Drittel der Trinkwasserversorgung gefährdet. Die dadurch notwendig gewordene Wasseraufbereitung kostet jetzt bereits 3 Mrd./Jahr. Der Schaden für die Atmosphäre ist irreparabel. Die Belastung durch die Landwirtschaft ist ebenso groß wie die Belastung durch die Industrie und doppelt so groß wie die durch die Abfallwirtschaft. Die Enquete-Kommission forderte Nachhaltiges Wirtschaften im Rahmen Ökologischer Landwirtschaft.

» Unterrichtseinheiten zum Schutz der Erdatmosphäre

Bäche und Gräben sind unmittelbar oder mittelbar über den ersten unbedeckten Grundwasserleiter Vorfluter des oberflächlich abfließenden Regenwassers. Leicht lösliche Chemikalien werden dabei mitgenommen und die Belastung des Bodens pflanzt sich in den Seen und Fließgewässern fort. 

» Nachweis oxidierbarer organischer Substanzen in ländlichen Fließgewässern 
 qualitativ mit Kaliumpermanganat und
» quantitativ mittels der Bestimmung des biochemischen Sauerstoffbedarfs

Ähnliche, aber deutlich geringere Probleme weist der integrierte Landbau auf. Hier wird versucht, mit geringeren Einträgen einen Mittelweg zwischen konventionellem und Ökologischen Landbau zu gehen. Die zwar mengenmäßig geringere Gabe von chemisch-synthetischen Kunstdünger stellt dennoch einen Eintrag schnell mobilisierbaren Stickstoffs dar. Damit bilden die Pflanzen deutlich weniger Wurzeln aus. Ferner werden viele Wildkräuter ausgerottet.

» Köpke, U. (1999): Bedeutung des ökologischen Landbaus für den ländlichen Raum.
 In: Geographische Rundschau, 51, H. 6, S. 305 - 311
» Claaßen, (K.), Donn (G.) & Eeckes (P.) (1998): Neues Element im Integrierten Anbau
 » kann Gentechnik die Ökobilanz verbessern? In: Praxis Geographie, 3, H. 3, S. 24 - 28

Größere Wasserversorgungsunternehmen in der Bundesrepublik haben inzwischen begonnen, ihre Wasserqualität über die Förderung Ökologischen Landbaus zu sichern. Beeindruckend sind die Zahlen aus München, wo 1996 71 % der Gesamtfläche mit 94 Betriebe auf 2250 ha Nutzfläche ökologisch bewirtschaftet wurden.

Eine kleine Rechnung: 

Mit einem 1 kg Ökobackwaren werden 4 m2 Ackerland von Pestiziden und Kunstdünger freigehalten. Bei einem Kasten Ökobier sind es 2 m2 und bei einem Leinenhemd 10 m2.

Artenschutz

Artenreiche Lebensgemeinschaften sind stabil, weil die verschiedenen Lebewesen sich wechselseitig kontrollieren und die übermäßige Vermehrung einer Art verhindern, die Basis biologischer Schädlingsbekämfung. Dies wird durch die Anlage von Flurgehölzen und Hecken (Wallhecken, Knicks) gefördert, bis zu sechsmal mehr Artenzahlen und achtfach erhöhten Siedlungsdichten von Vögeln.

» Sukzessionsverläufe, Instabilität von Agrarökosystemen biologische Schädlingsbekämpfung, Extensivierungsprogramme, Grenzertragsböden
» Computersimulationen von Räuber-Beute-Verhältnissen, von Pestizideinsätzen und von biologischer Schädlingsbekämpfung

Neben den Feldgehölzen sind Feldsäume bedeutsam, die nach der Ernte wichtige Lebensräume für Nützlinge wie Tagfaltern bieten. Aus diesem Grunde sollen derartige Säume lediglich einer Staffelmahd unterzogen werden. Der Verbund von Biotopen steigert die Effektivität der einzelnen Biotope, sofern der Verbund den zu vernetzenden Biotopen möglichst ähnlich ist. 

» Aktionsradien der Tiere in Hecken, Biotopverbund

Innerhalb einer Art ist genetische Vielfalt von Vorteil. Je unterschiedlicher der Genpool der Nutztiere und -pflanzen ist, desto dynamischer können sich die Tiere und Pflanzen an veränderte Lebensbedingungen anpassen, z. B. bei der Abwehr von Infektionen. Hochleistungszucht führt zur genetischen Verarmung, zur genetischen Erosion. Wenn dann Krankheiten oder Schädlinge die Produktion mindern, muss zu Chemikalien gegriffen werden, genau das, was der Ökologische Landbau vermeiden will.

» Experimente zu Auswirkungen von Pflanzenschutzmitteln 
 auf die mikrobische Aktivität im Boden

Von den ca. 130 verschiedenen Arten der Ackerbegleitflora tritt die Hälfte nur noch sporadisch auf. Bei nur 8 ökologisch betriebenen Höfen wurden über ein Viertel dieser bedrohten Pflanzenarten nachgewiesen. Ökologischer Landbau kann das Überleben aller Pflanzenarten nicht sicherstellen. Historische Landnutzungsformen und Grenzertragsböden werden zusätzlich benötigt.

Landschaftsbild

Vielfältige Landwirtschaft macht das Landschaftsbild abwechslungsreicher. Große und auffällige Flächen mit Raps oder Flachs werden im Ökologischen Landbau nur in geringem Maße bewirtschaftet. Im Süden sind die Höfe kleiner als im Norden und vor allem als im Osten Deutschlands mit seinen traditionell großen Betrieben.
Hecken (Wallhecken, Knicks) bilden einen wichtigen Windschutz. In der Nähe von ihnen sind deutlich höhere Ernteerträge als auf der freien Flur zu erzielen, bei Nord-Süd-Richtung wird dieser Effekt gegenüber dem vorherrschenden Westwind maximiert. Ein weiteres Ergebnis der Fruchtfolge ist, dass die Böden nach der Ernte nicht lange offen liegen gelassen und der Winderosion preisgegeben werden.
Abfließendes Wasser am Hang ist eine weitere Gefährdung, an den Rinnerosionen und Schwemmfächer erkennbar. Ihr kann entgegengetreten werden, indem senkrecht zum Gefälle gepflügt wird, große Schläge durch Gehölze unterbrochen werden und die Kuppen der Hügel, einem wesentlichen Quelleinzugsgebiet, bewaldet bleiben.

Ökonomische Alternativen

Der Preis der Bioprodukte sagt die Wahrheit aus, weil keine Umweltschäden entstehen, deren Behebung der Steuerzahler zu begleichen hat (Externalisierung von Kosten). Es gibt zwei grundsätzlich verschiedene Wege, die mit der Externalisierung bedingte Ungerechtigkeit und Störung der Marktwirtschaft auszugleichen. 

  1. Zum einen könnten Nutzungspauschalen, Versiegelungsprämien, CO2- und Stickstoffsteuern erhoben werden. Das wären sinnvolle Instrumente einer Ökologischen Steuerreform. In Italien werden seit Sommer 2000 Steuern für besonders problematische Pestizide erhoben, jährlich 60 Mill. 2, die für Förderung des Ökolandbaus verwandt werden
  2. Der zweite derzeit hauptsächlich gegangene Weg ist der der Subventionierung. Hierzu gehören u.a. Flächenstillegungen, Beihilfen für Landschaftspflege. 

Trotz Agenda 2000 halbherzige Förderung des Ökolandbaus

90 % der EU-Förderung bleiben für den tradierten Agrarmarkt erhalten und lediglich 5 % sollen in den Ökologischen Landbau einfließen. Dies hat widersinnige und z. T. grausame Folgen:

  • Die Laufzeiten sind kurz oder unsicher, so dass keine Planungssicherheit besteht, eine unabdingaber Voraussetzung für Landwirtschaftsbetriebe zur Umstellung auf ökologische Produktionsweisen.
  • Die Prämien sind oft zu niedrig, so dass man an besseren Standorten günstigerweise auf die Förderung verzichtet und wie bisher weitermacht (Magdeburger Börde). Das hat zur Folge,
  • dass die relative Vorzüglichkeit des Ökologischen Landbaus meist nur bei Gewährung staatlicher Prämien und dann eher in Grenzertragsregionen gegeben ist und
  • dass in intensiven Marktfrucht- und Veredelungsregionen der Ökolandbau weiterhin weniger wettbewerbsfähig bleibt.
  • Die Schwerpunktsetzung der Förderprogramme ist problematisch, wenn die bloße Verminderung des Eintrags von Pestiziden und Kunstdüngern mehr gefördert wird als eine ökologische Streuobstwiese. 
  • Die Standards der Förderung sind sehr gering. So ist der förderungswürdige Verzicht auf Ausbringen von Gülle vor Mitte Februar eine Selbstverständlichkeit. Und der ebenso förderungswürdige Verzicht auf flächendeckenden Pflanzenschutz nicht nur eine Selbstverständlichkeit, sondern eine Frage betrieblicher Klugheit und nicht förderungswürdig; derartige Programme haben einen hohen Mitnahmeeffekt, bei relativ geringen Umweltleistungen. 
  • Mit überregulierten europäischen Qualitäts- und Vermarktungsnormen werden traditionelle und regional typische Produktlinien verdrängt, die häufig nicht die Größe und Eigenschaften der hochgezüchteten Sorten erreichen. Dies hat Eingrenzung der Vermarktung und Ausschluss aus der Förderung zur Folge. So wird beispielsweise regionale Vermarktung der Ernte von Streuobstwiesen gehemmt. 
  • Der Irrsinn wird Methode, wenn die EU bis zu 1000 DM pro Schlachttier als Prämie gewährt, sofern dieses lebend in andere auch außerhalb der Europäischen Union befindliche Staaten exportiert oder wenn die sogenannte Herodes-Prämie über 280 DM für Kälber ausgezahlt wird, die unter 3 Wochen geschlachtet und dann als Sondermüll verbracht werden.
  • Für diese Regelung setzte sich die Bundesregierung in Brüssel ein, obgleich dies in Deutschland ein Rechtsverstoß ist. Und damit es hier nicht zum Rechtsverstoß kommt, werden Kälber u. a. nach Frankreich exportiert.
  • Die Liberalisierung des Weltmarkts verlangt dringend eine tierschutzrechliche Vorgabe. Alles zielt auf Außer-Land-Bringen und Vernichten von Tieren.  
  • Die als Schweinepest titulierte Krankheit lässt mehr assoziieren, als geboten erscheint. Diese Krankheit wird nicht auf andere Organismen übertragen und eine einfache Schutzimpfung der Schweine ist möglich. Zum Schutz des Handels mit den USA ließ man 1997 über 6 Mill. Schweine "keulen" (ein schönfärberischer Begriff für töten, es handelt sich nämlich nicht um Schlachten, denn dann müsste der Verzehr zulässig sein). 
  • Dem lieben Federvieh geht es nicht besser, bekannt geworden bei der Auseinandersetzung um die Legehennenverordnung, ob nicht ein Käfig in der Größe eines DIN A-4-Bogens für ein schwanzamputiertes Huhn ausreichend sei. 
  • Den männlichen Kücken wird in der Eierproduktion nach dem Schlüpfen überflüssigerweise der Garaus gemacht. Statt sie zu vernichten, könnten sie wie in der Schweiz die sog. "Sexgüggeli" großgezogen werden, deren Fleisch dazu noch aromatischer und schmackhafter ist als es die üblichen Brathähnchen sind. 

Der Wettbewerb auf dem Ökomarkt wird sich verschärfen:

  1. Mit dem Beitritt der Drittländer zu dem europäischen Agrarmarkt wird der Wettbewerb für Öko-Produkte härter. Die der EU beitretender Länder haben niedrigere Arbeitslöhne als wir und ohnehin bereits ein niedriges Niveau von Pestizid- und Düngemitteln, was die Konversion (Umstellung) erleichtern wird.
  2. Ferner werden an alle Nahrungsmittel zunehmend Qualitätsanforderungen gesteigert, weswegen bei Ökoprodukten damit kaum noch geworben werden kann.

So werden andere Ansätze zu propagieren sein, einer dürfte der Umstand sein, dass die wichtigsten Ökomärkte die Lebensmitteleinzelhandelsketten und die verarbeitende Industrie sind und die verlangen sowohl ein Dachwarenzeichen als auch ein Angebot hinreichend großer Chargen und Lieferungssicherheit. Die mögliche Marktentwicklung wird deutlich, wenn Firmen wie die Britische Iceland Group herangehen, in 760 Geschäften nur noch Tiefkühlkost in Bio-Qualität anzubieten und dazu 40% der Bio-Weltproduktion aufkaufen wollen.

» www.iceland.co.uk

Politische und ökonomische Rahmenbedingungen

In Deutschland werden 2,6 % der landwirtschaftlichen Nutzflächen ökologisch bewirtschaftet (Mecklenburg-Vorpommern mit exorbitanten 7 % gefolgt von Brandenburg und Bayern), in unseren deutschsprachigen Nachbarländern Österreich 12 % und Schweiz 5,5%. Im Nachbarland Dänemark stieg seit Ende der 80-er Jahre der Anteil der Biobauern auf das 7-fache, in Italien innerhalb von 5 Jahren auf das 8-fache und soll in den nächsten 3 Jahren das 20-fache erreichen, in den beitrittswilligen Drittländern wie Ungarn innerhalb von 3 Jahren auf das 5-fache, in Deutschland nur auf das 2,5-Fache. Andererseits finden sich nicht genügend Produkte am Markt, um die Nachfrage zu decken. Für diese Umstände werden vornehmlich drei Gründe ins Feld geführt:

  1. In Deutschland wurde der Ökologische Landbau gefördert und nicht die Vermarktung; dafür müssten nach den dänischen und österreichischen Erfahrungen 2/3 der Prämien verwandt werden.
  2. In Deutschland gab es kein einheitliches Gütesiegel und nur allzu oft wurde die Frage aufgeworfen, ob "Bio" drin ist, wenn "Bio" drauf steht; ein derartiges Warenzeichen müsste kräftig beworben werden.
  3. In Dänemark und in Österreich gab es keine alternative Strukturen wie Bioläden, Abokisten etc., so dass eine erfolgreiche Vermarktung von Anfang an über Supermärkte gehen musste und eine einheitliche Auszeichnung bestand. Noch weiter geht das aufstrebende Italien, das überhaupt keine eigenen Siegel kennt, sondern sich des europäischen bedient.

Die Vermarktung muss sich vom Geruch ökologischer Besserwisserei und weltverbessernder Askese befreien. Die Anpreisung des angeblich Gesunden ist weitaus weniger genußfreudig als die des Frischen und Geschmackvollen aus der Region, wie man es in den Nachbarländern findet. Die in Österreich so erfolgreiche Vermarktung - in einzelnen Regionen bis zu 50 % des Angebots - war gekoppelt mit einer nach vorne gewandten Vermarktung regionaler Produkte.
Das besonders für die regionale Vermarktung äußerst magere Ergebnis wird ferner durch Marktstudien kontrastiert, nach denen die Hälfte der Käufer von Ökoprodukten Produkte aus der Region bevorzugen und, was noch interessanter ist, ein Viertel der Nichtkäufer Ökoprodukte kaufen würde, sofern sie aus der Region kämen.
Dass die Preise oft noch zu hoch und nicht transparent sind, soll nicht schön geredet werden. Es ist aber anzumerken, dass die Preise gemessen an der Kaufkraft deutlich niedriger sind als die Lebensmittelpreise aus konventioneller Landwirtschaft 1960. Bei COOP in der Schweiz zeigte sich, dass für den Markterfolg entscheidend ist, dass die Mehrleistung der Ökobauern klar nachvollziehbar sein muss.
Ökoprodukte fristen in Deutschland in Naturkostläden und Reformhäusern, auf Ökomärkten, in Food-Coops und mit Einkaufsabonnements ein Nischendasein. Wenn sie in den großen Läden und Lebensmitteleinzelhandelsketten gelistet werden, ist die Palette oft zufällig und meist unvollständig. Sie finden kaum Eingang in die Großküchen, Gastronomie, Tiefkühlbearbeitung und Fertigung von Tiefkühlkost.

» Vergleich der Informationen bei der Vermarktung und auf der Verpackung
» www.naturkost.dehttp://www.alles.bio.de/

Nahezu idyllisch ist das Bild der Direktvermarktung vom Hof. Ökologisch ist sie es jedenfalls nicht, sofern man mit dem PKW einkaufen geht, was über 90 % der Käufer aus der Stadt tun. In der Enquete-Kommission des Bundestages zum "Schutz der Erdatmosphäre" wurde berechnet, dass der Einkauf von 20 kg konventionell produzierter Äpfel beim Händler um die Ecke eine CO2-Bilanz von 9,25 kg CO2 auf weist. Diese erhöht sich auf 12, 7 kg CO2, wenn die Äpfel aus Neuseeland stammen. Sind es jedoch Bioäpfel, die im Umland mit dem PKW gekauft werden, werden es 13,6 kg CO2.

Öffentliches Leben und Politik

Viele der oben beschriebenen Handicaps wären obsolet, wenn hier die Bundesrepublik, die Bundesländer und Gemeinden in Verantwortung für die Umwelt z. B. Folgendes veranlassen würden:

  • Die staatlichen landwirtschaftlichen Betriebe werden auf ökologische Bewirtschaftung umgestellt und importierte Futtermittel dürfen nicht mehr verwandt werden. 
  • Die Verarbeitung und Verwendung von Ökoprodukten wird in allen Kantinen und Großküchen staatlicher Einrichtungen (Behörden, Universitäten, staatlichen Krankenhäusern etc.) stufenweise eingeführt. In Italien wurde über Haushaltsgesetze Vermarktung in Kantinen, Mensen etc. geregelt und die Konversion z. T. mittels Abnahmegarantien gefördert.
  • Bei der Verpachtung öffentlicher Flächen (Imbissbuden) wird das Angebot von Nahrungsmitteln und Getränken aus Ökologischem Landbau zwingend vorgeschrieben (bei dieser Gelegenheit werden zugleich Einweggeschirr und -bestecke verboten). 
  • Firmen, die der Vermarktung oder der Verköstigung ökologischer Produkte dienen, sind mit einzelbetrieblichen Unternehmensberatungen und Darlehen zu fördern.

Auf diesen Wegen erfolgt dann auf Grund der Marktbedeutung auch ein heilsamer Druck auf Großmärkte, -molkereien etc. zur Vermarktung von Ökoprodukten (was z. B. in Dänemark sehr erfolgreich war).
Zum Einwerben von Akzeptanz gehört auch, dass sich Personen des öffentlichen Lebens für Produkte aus dem Ökologischen Landbau stark machen. Zwar findet hier vor laufender Kamera kein demonstratives Rindfleischessen wie in England statt, aber ein Bekenntnis zu ökologisch produzierten Lebensmitteln aus der Region ist ganz anders als in Österreich ebenso selten. Auch deutsche Politiker könnten öffentlich für ökologische Produkte aus der Region werben, wie es ihre österreichischen Kollegen schon längst tun, und nicht nur für Autos, Computer und Herrenanzüge!
Zum Einwerben von Akzeptanz gehört aber vor allem, dass die staatlichen landwirtschaftlichen Betriebe auf ökologische Bewirtschaftung umgestellt werden, doch dies geschieht höchst unterschiedlich. In der Hauptstadt geschieht das nur auf 5% der 93 ha umfassenden Flächen, während die zweitgrößte Stadt Hamburg bereits 25% der 3601 ha umgestellt hat und die Wasserbetriebe der drittgrößten Stadt München auf allen Flächen die Umstellung fördert, um damit die Trinkwasserversorgung zu sichern.

Literatur

AGÖL(Hrsg.), 1997: Wasserschutz durch ökologischen Anbau, ISBN 3-00-01770-4

AgrarBündnis: Der Kritische Agrarbericht. Jährlich erscheinendes Jahrbuch des AbL Bauernblatt Verlags, Rheda-Wiedenbrück

Die Verbraucher Initiative und Stiftung Ökologie & Landbau (Hrsg.) 19956: Einkaufen direkt beim Bio-Bauern. Bad Dürkheim (SÖL), Sonderausgabe Nr. 26

Feyer (B.) & Lehmann, B. (Hrsg.) (1995): Betriebswirtschaft im biologischen Landbau. Bad Dürkheim (SÖL), Sonderausgabe Nr. 57

Landsberg-Becher, J.-W. & Seidler, F. (2000): Umweltverträgliche und gesundheitsfördernde Ernährung in der Schule. In: Das Lehrerhandbuch, Februar 2000, F 4.1, S. 1-20, Berlin (Raabe) 

Landsberg-Becher, J.-W. (2000): Lebensmittel aus Ökologischem Landbau. In: Schule in Aktion, im Druck, Berlin (Raabe)

Schilke, Karl (1992): Agrarökologie - Kursmaterial für die Sekundarstufe II. Metzler (Stuttgart)

Schlaht B. & Driewer, R.: Übernachtungsverzeichnis für Radwanderer, AK Ökologisches Reisen, Dormblick 1, 38446 Wolfsburg, 16 DM + Porto

Fuss (J.) & Baerens M. (1999): Urlaub auf Biohöfen in Deutschland, Grüne Liga, PF 11 02 43, 19002 Schwerin, 18 DM oder auch www.biohoefe.de

Weitere Infos im Internet unter www.umweltbildung-berlin.de 


 

[1] Das Thema ist sehr umstritten und es geht um sehr viel Geld. So ist nicht immer deutlich, welche Fakten als gesichert gelten können. Ich bin aus diesen Gründen für Korrekturen und Anregungen (an mail@landsberg-becher.de) äußerst dankbar.

 

[2] Eigentlich müsste es ganz groß im Text stehen, es ist aber bewusst als Fussnote formuliert, weil es eigentlich nicht zum Thema gehört: Ökologischer Landbau hat nichts mit vegetarischer oder vollwertiger Ernährung zu tun. Derart kann man sich auch mit Produkten konventioneller Landwirtschaft versorgen. Der Ökologische Landbau benötigt vielmehr Viehhaltung zum Düngen. Mit dem Hinweis "Körnerfresser" wird oft versucht, den Ökologischen Landbau in eine weltanschauliche Nische zu drängen. Der Ökologische Landbau produziert allerdings deutlich weniger tierische Produkte als die Massentierhaltung, doch da ist umgekehrt zu fragen, ob es ethisch vertretbar oder ästhetisch ist, Produkte aus dieser Tierhaltung überhaupt in den Mund zu nehmen.