Landnutzung und Gewässerschutz

Was kommt nach dem Messen?

Von Klaus Prankel

1. Einleitung
2. Problemstellung - Begriffsfindung
2.1 Einige Aspekte der "Gewässernutzung"
2.2 Einige Aspekte der "Landnutzung"
3. Wechselwirkungen zwischen Land und Wasser
3.1 Das ETR-Modell
4. Ansätze für die Schule
4.1 Fächerübergreifende Fragestellungen
4.2 Der Fragestellung angemessene Unterrichtsmethoden
4.3 Möglichkeiten und Grenzen schulischen Arbeitens zum Thema Landnutzung
5. Unterrichtsbeispiele und -ideen
5.1 Allgemein
5.2 Vergleichende Untersuchungen einer Schulen
5.3 Zusammenführung von Untersuchungen verschiedener Schulen
5.4 Beispiele und Anregungen für Unterrichtsprojekte
5.4.1 Unterrichtsimmanente Exkursionen
5.4.2 Aufnehmen aktueller Naturschutzmaßnahmen im Umfeld der Schule in den Unterricht
5.4.3 Ein Kooperationskurs Biologie/Geographie (Klasse 9)
5.4.4 Zusammenarbeit von Wahlpflichtkursen verschiedener Fächer
5.4.5 Kursfahrten in der Sekundarstufe II
5.4.6 Bachpatenschaft als Thema einer Arbeitsgemeinschaft
6. Literatur, Bestimmungshilfen & Software

2. Problemstellung - Begriffsfindung

In der aktuellen ökologischen Diskussion kommt der Wechselwirkung zwischen Land und Wasser immer mehr Bedeutung zu. Die Beziehungen zwischen beiden wurden lange Zeit unterschätzt bzw. ignoriert. Die Komplexität dieses Gefüges wird aber deutlich, wenn man sich ein paar Aspekte der Gewässer- und der Landnutzung vor Augen führt.
2.1 Einige Aspekte der "Gewässernutzung"
Gewässer in der modernen Industriegesellschaft haben vielfältige Funktionen, die mitunter nur schwer zu vereinbaren sind. So dienen sie zur Gewinnung von Trinkwasser, in der Landwirtschaft zur Berieselung und als Viehtränke, sie werden vom Tourismus, von Freizeitskippern, Surfern und Badenden genutzt, sie sind Erwerbsquelle für Fischer, fungieren als Verkehrswege, sind Vorfluter und werden zur Kühlung von Kraftwerken herangezogen. Obendrein bemüht man sich um einen ausgeprägten Artenreichtum der Gewässer. All dies ist mitunter nur schwer auf einen Nenner zu bringen und hat z. T. einen erheblichen Einfluss auf die Qualität unserer Gewässer.
2.2 Einige Aspekte der "Landnutzung"
Ebenso werden an das Land die unterschiedlichsten Anforderungen gestellt, die wiederum auf die Qualität der Gewässer einwirken. Die Landnutzung beeinflusst z. T. erheblich den Wasser- und Stoffhaushalt sowie das Klima. Land- und Forstwirtschaft üben starke Einflüsse aus, Industrie und Siedlungen haben massiven Flächenverbrauch. Gleichzeitig dient das freie Land der Naherholung, dem Tourismus und soll ästhetische Bedürfnisse befriedigen. Hinzu kommen die Anforderungen des Naturschutzes, wie Arten-, Biotop-, Ökosystem- und Klimaschutz.

3. Wechselwirkungen zwischen Land und Wasser

Ein zentraler Gedanke bei der Nutzung von Land und Wasser ist der der Nachhaltigkeit oder des "Sustainable developments". Darunter versteht man eine Nutzung der Ressourcen dieser Welt in einer Weise, bei der die Eingriffe in ökologische, ökonomisch und soziale Prozesse zukünftig derart gestaltet werden, dass die Veränderungen - stark vereinfacht gesagt - nicht weiter aus dem Lot gebracht werden. Ausgangspunkt dieser Überlegungen sind die Ergebnisse der Konferenz der Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung in Rio 1992. Manifestieren tun sich die Umsetzungen nicht zuletzt in den Aktivitäten der lokalen Agenden, die das Ziel haben, die lokalen Strukturen "nachhaltig zu gestalten", ohne dabei die globalen Entwicklungen aus den Augen zu verlieren.
Ein klassisches Beispiel für veraltetes, aber leider fast überall noch übliches nichtnachhaltiges Verhalten im Bereich der Wassernutzung in Europa sind z. B. die Katastrophen an der Theiss und die Vergiftungen ganzer Landstriche Spaniens, jeweils verursacht durch die kurzsichtige, unverantwortlich falsche und leichtsinnige Nutzung der Ressource Wasser. Hier wurden eindeutig zu Gunsten der Ökonomie ökologische und soziale Fragestellungen völlig vernachlässigt. In diesen Kontext der "falschen" Nutzung von Wasser und Land gehören aber auch die Hochwasserkatastrophen der lletzten Jahre an der Oder, in den Alpen oder am Mississippi, um nur einige zu nennen.

3.1 Das ETR-Modell "Energie-Transport-Reaktionsmodell"
Professor RIPL (1991) und seine Mitarbeiter entwickelten ein "Energie-Transport-Reaktionsmodell" (ETR-Modell) für den Wasserhaushalt in Landschaften, aus dem sich Konsequenzen für eine nachhaltige Landnutzung ableiten lassen (englische Zusammenfassung im Internet).
Der Name des Modell leitet sich folgendermaßen ab:

  • Energie treibt alle Prozesse an,
  • Wasser verteilt die Potentiale, leistet Transporte,
  • Reaktion des Wassers in den Organismen und der Landschaft.

Fast jeder weiß aus eigener Erfahrung, dass unterschiedliche Ökosysteme in der Landschaft die Temperatur unterschiedlich effizient regeln. So erwärmt sich z. B. ein Acker im Sommer deutlich stärker als ein Buchenwald oder ein Parkplatz mehr als ein Stadtpark.
Verschiedene ökologische Strukturen können relativ zueinander verglichen werden: den besten energetischen Wirkungsgrad besitzt dasjenige Ökosystem, das unter Erhalt der Ressourcen des Standortes den Energiepuls am besten dämpft, also die Temperaturschwankungen gering hält. Diese Schwankungen stehen in Wechselwirkungen mit den Verdunstungen bzw. Kondensierungen über der Fläche.
Die Zusammenhänge lassen sich stark verkürzt etwa so darstellen:

  • Ökosysteme leben von der Sonnenenergie.
  • Der Energiepuls der Sonne wird vom Ökosystem genutzt und auf eine mittlere Temperatur ausgeglichen.
  • Die Vegetation verdunstet dabei Wasser, transportiert es und betreibt ihren Stoffwechsel.
  • Ohne Temperaturausgleich durch Wasser wäre die Vegetation der Sonne so ausgeliefert, dass Schädigungen aufträten?.
  • Das Wasser benötigt zur Verdunstung viel Energie, entnimmt dies dem Ökosystem und kühlt es auf dieser Weise.
  • Nachts kondensiert das Wasser wieder und erwärmt damit die Umgebung.
  • Wasserkreislauf und Vegetation gleichen Temperaturextreme aus und machen die Erde bewohnbar.

So wird deutlich, dass Energetik und Stoffflüsse eng verknüpft sind:
Wasserkreislauf (Verdunstung, Kondensation) und biologischer Prozess (Fotosynthese, Respiration) sind weitgehend geschlossene Kreisprozesse.
Tritt in einem Ökosystem Versickerung statt Verdunstungauf, kommt es statt zu chemischen Fällungs- zu Lösungsreaktionen, in deren Folge gelöste Stoffe mit dem Wasser abtransportiert werden und dem Ökosystem verloren gehen.
"Reife", naturbelassene oder naturnahe Ökosysteme mit hoher Verdunstung und Kondensation minimieren den Verlustanteil an gelösten Stoffen. Das Zusammenspiel von Produzenten, Konsumenten und Destruenten sorgt für geschlossene lokale Stoffkreisläufe.
Bewirtschaftete Biotope weisen nicht mehr diese funktionierenden Stoffkreisläufe auf. Entwässerung (Drainage) u. a. führen zur Bildung starker Säuren, wie Schwefel- und Salpetersäure, und hohen Stoffverlusten im Boden. So beträgt der Verlust an Basen in solchen Ökosystemen heute ca. eine Tonne pro Hektar und Jahr. Diese mit dem Wasser abtransportierten Stoffe gelangen in unsere Gewässer, in denen sie dann die Gewässerqualität maßgeblich mitbestimmen.
Diese Stoffverluste müssen durch künstlichen Eintrag (Düngung) ausgeglichen werden, um die Produktivität von Landschaften, z. B. für die weitere landwirtschaftliche Nutzung, aufrecht zu erhalten. Sie können so als objektives Maß für die eingeschränkte Nachhaltigkeit der Landnutzung dienen.
Als Beispiel für ein funktionierendes, nachhaltiges Ökosystem soll hier dieStreuschicht in einem naturnahen Buchenwald herangezogen werden:
Durch oberflächliche Abdichtung des Bodens mit Laubstreu werden Verlust behaftete Bodenwasserströme minimiert. Die Speicherung des Wassers in dieser Schicht ermöglicht der Vegetation über die Verdunstung die Mineralisierungsprozesse zu steuern. Die Mineralisierung findet vor allem während wechselfeuchter Phasen statt, die durch die tägliche Verdunstung an den Wurzeln hervorgerufen werden. Ist es zu nass oder zu trocken, ist der Mineralisierungsprozess gehemmt.
In diesem Zusammenhang sind die Ergebnisse des Stör-Projekts (RIPL et al. 1996) interessant. Hier wurde versucht, im Einzugsgebiet der Stör (Schleswig-Holstein) eine zeiträumliche Analyse und Planung von Stoffströmen durchzuführenIn dem etwa 1000 km2 umfassenden Einzugsgebiet wurden Stoffverluste mit den Abflüssen und deren chemischen Konzentrationen bilanziert. Teileinzugsgebiete konnten anhand ihrer Stoffverluste und zusammen mit weiteren Parametern (Flächennutzung, Fliessgewässerlänge, Hangneigung) relativ bewertet werden.
Die Ergebnisse lassen sich wie folgt zusammenfassen:

  • Die gemessenen Stoffverluste (Basen) schwankten zwischen 900 und 1500 kg/(ha xa) (ohne NaCl-Anteil).
  • Der Anteil des ausgewaschenen Stickstoffs und Phosphats, denen in vielen Untersuchungen große Aufmerksamkeit geschenkt wird, ist sehr gering (Gesamt-N 20 kg/(ha xa), P 0,5 kg/(ha xa)).
  • Der Einfluss direkter Einleitungen, wie Kläranlagen ist im Vergleich zum Gesamtstoffaustrag aus dem Gebiet gering.

RIPL et al. entwickeln aus ihren Theorien und Beobachtungen u. a. folgende Forderungen für eine nachhaltige Landnutzung:

  • Kuppenlagen sollen mit extensiv bewirtschaftetem Wald bebaut werden, bisher sind gerade diese Lagen auf Grund ihres geringen Gefälles als Nutzflächen besonders beliebt.
  • Feuchtgebiete (Sümpfe, Moore, Auen) müssen renaturiert werden.
  • Entlang der Gewässer müssen große Feuchtgebiete geschaffen werden. Dies können Röhricht- und Schilfstreifen und/oder Feuchtwälder wie Erlenbruchwälder sein.
  • Organische Abfälle müssen wieder in die Kreisläufe vor Ort integrieren werden.
  • Landschaften (und Städte) müssen mit mehr Biomasse ausgestatten werden, um lokale Kreisläufe zu reaktivieren.

Hier spielen natürlich auch Begradigung, Drainage und Einfassung der Gewässer eine große Rolle, ebenso wie die Nutzung der Auen, die damit als Überflutungsreserven, Feuchtgebiete und Ablagerungsflächen für Nährstoffe verloren gehen.
Auf einen Nenner gebracht heißt das:
Stoffkreisläufe müssen geschlossen gehalten und regionalisiert werden.

4. Ansätze für die Schule

4.1 Fächerübergreifende Fragestellungen
Im klassischen Fachunterricht werden gewässerökologische Themen überwiegend im Geographie- und Biologieunterricht behandelt. Z. T. wissen die jeweils unterrichtenden Kollegen nicht, dass "ihr" Thema eventuell sogar zeitgleich oder nur wenig versetzt in einem anderen Fach aus einem anderem Blickwinkel behandelt wird. Dabei sind gerade diese verschiedenen Blickwinkel die für die umfassende Behandlung eines Themas interessanten Aspekte.
Insbesondere aus biologischer Sicht muss der Blick erweitert werden. Häufig werden überwiegend punktuelle Messungen vorgenommen, ohne diese ausreichend in Bezug zu Abschnitten des Gewässers oberhalb bzw. unterhalb der Messstelle, zur umgebenden Landschaft, zur Gewässerstruktur (s. z. B. den Bericht über die Messungen im Kirnitzschtal) bzw. zur historischen und geologischen Entwicklung des Gewässers (s. z. B. den Bericht über die Messergebnisse an der Salza) zu setzen.
Aus den bis hierher dargestellten Zusammenhängen wird ersichtlich, dass man mit dem alten "Fächerdenken" nicht weiterkommt. Verlangt ist eine systemische Betrachtungsweise, die die verschiedenen Facetten Wasser- und Landnutzung von verschiedenen Seiten her betrachtet und dann wieder zusammenführt. Eine sinnvolle Erweiterung erfährt die Wasseranalyse hierbei durch die Untersuchung benachbarter Böden mit dem Bodenanalysekoffer der Firma MACHEREY-NAGEL, mit dem auch mit für Schulen zufrieden stellender Genauigkeit u. a. Nährstoffgehalte in Böden mit einfachen Mitteln vergleichsweise preiswert ermittelt werden können, s. hierzu "Empfehlungen zur Beschaffung von Chemikalien und Gerät zu Bodenuntersuchungen".

4.2 Der Fragestellung angemessene Unterrichtsmethoden
Für die zu entwickelnde neue Sicht- und (Er-)Forschungsweise "lebendiger Fließgewässer" und Ökosysteme erscheint eine fächerübergreifende Herangehensweise opportun. Diese kann verschieden organisiert sein:

  • Als Unterricht verschiedener Fächer mit einem Leitthema. Dies ist sicher die in der Schule am einfachsten zu realisierende Form der Zusammenarbeit mehrerer Fächer. Jedes Fach bleibt als solches im herkömmlichen Sinn - auch organisatorisch - zu erkennen, die Schüler stellen die Bezüge zum Thema entweder selbst her oder sie werden von den Fachkollegen besonders darauf hingewiesen.
  • Als Unterricht mit fächerübergreifenden Elementen, der im Prinzip wie der Unterricht mit einem Leitthema organisiert ist, aber Wander- oder Projekttage als Möglichkeit der Auflösung der Fachgrenzen - sowohl organisatorisch als auch inhaltlich - nutzt.
  • Nach dem Leitfachprinzip, bei dem ein Fach - im hier diskutierten Kontext sicher Geographie oder Biologie - durch "Zeitspenden" anderer Fächer einen Schwerpunkt im Unterricht bildet und hier, z. B. in Form von Wochenplanarbeit, von anderen Fächern "gesponsert" wird. Die Zeitspenden können dann - nach Beendigung dieses Schwerpunkts - an die übrigen Fächer zurückgegeben werden, indem die bisherigen Leitfächer dann die anderen Fächer unterstützen.
  • Als projektorientierter Unterricht, an Projekttagen, auf Klassen- oder Kursfahrten oder in anderen Organisationsformen, die ein epochales Arbeiten ermöglichen.

4.3 Möglichkeiten und Grenzen schulischen Arbeitens zum Thema Landnutzung
Betrachtet man die Wechselwirkungen zwischen Landschaft und Gewässer, so ist zunächst einmal der Zustand des Gewässers direkt an der Messstelle von Interesse und dann die Einbeziehung der weiteren Umgebung, des Einzugsgebiets.
Natürlich sollen auch weiterhin biologische und chemische Parameter bestimmt werden, jedoch nicht quasi zum Selbstzweck.
Der erste Schritt in Richtung der Einbeziehung der Landnutzung wäre die konsequente Erhebung der geographischen Faktoren an der Messstelle, wie sie z. T. schon in den Protokollbögen des Projekts "Schulen für eine lebendige Elbe" vorgesehen oder z. B. bei GRAW/BERG (2001, S. 43ff) abgedruckt sind.
Dazu gehören Aussagen

  • zur Struktur des Gewässers (z. B.: begradigt - naturnah)
  • zur Beschaffenheit der Vegetation
  • zum Umfeld des Gewässers (Stadt, Wald, landwirtschaftliche Nutzung ...)

Bei allen Überlegungen zu erweiterten Anstrengungen rund um die Fliessgewässer sollte man sich aber einige Faktoren vor Augen führen, um seine eigenen Erwartungshaltungen sowie die von Schülern und Kollegen nicht zu hoch zu schrauben. Um nicht missverstanden zu werden, dies soll kein Bremsen sein, sondern ein Abklopfen der Schulsituation nach realistischen Arbeitsmöglichkeiten.
Die Arbeit an Schulen wird bekanntlich von verschiedenen Faktoren begrenzt, die ein fächerübergreifendes Arbeiten erschweren. Dies sind u. a.

  • finanzielle Ressourcen,
  • zeitliche Ressourcen,
  • Apparative Ressourcen,
  • Rahmenpläne,
  • Gruppengrößen,
  • Fachkompetenz der Kollegen,
  • Gruppendynamik, sozialen und personellen Beziehungen im Kollegium,
  • und nicht zuletzt die Stundenpläne.

Auf der anderen Seite gibt es eine Menge Faktoren, die die Arbeit zum Thema Landnutzung an den Schulen motivierend gestalten können. So kann man beispielsweise

  • von realen Situationen und Fragestellungen ausgehen (was ist mit dem Bach vor unserer Haustür),
  • Information der Anrainer einholen, auch der Landwirte und der Kläranlagenbetreiber, die für die Situationen ja mit verantwortlich sind,
  • praktisch arbeiten,
  • Neuland betreten,
  • Uferbepflanzungen vornehmen,
  • Störsteine einbringen ( kleine "Findlinge" die dem Bächen wieder ein abwechslungsreicheres Bett bereiten und so die ökologische Situation mit einfachen Mittel verbessern),
  • Verantwortung übernehmen, indem man mit seinen Ergebnissen an die Öffentlichkeit geht, indem man Ausstellungen erstellt, die Presse informiert oder an Wettbewerben teilnimmt,
  • Bachpatenschaften übernimmt (vgl Vaupel 2000),
  • Kontakte knüpft mit Naturschutzbehörden, Bürgerinitiativen, lokalen Agendagruppen,
  • Podiumsdiskussionen organisiert...

All dies sind Gründe genug, sich mit dem Thema im Unterricht auch fächerübergreifend zu beschäftigen und einiges eventuell in einer Arbeitsgemeinschaft außerhalb des Regelunterrichts zu vertiefen.

5. Unterrichtsbeispiele und -ideen

5.1 Allgemein
Um Schüler an die hier zur Diskussion stehenden Fragestellungen rund um die Wechselwirkungen zwischen Land und Wasser heranzuführen, wird die vergleichende Untersuchung von Standorten und Gewässern immer wichtiger. Das erhöht auch die Bedeutung der Zusammenführung der Werte aus den Messungen der einzelnen Schulen über die Zusammenstellung von einzelnen bunten Punkten auf der Karte im Internet hinaus (vgl. 1. und Uni Lüneburg)!
Soll beispielsweise das Phänomen der Selbstreinigung fließender Gewässer verdeutlicht werden, kann man das nur entlang einer Fließstrecke vermitteln - wenn man nicht nur zur Overhead-Folie greifen und die Schüler mit fertigen Ergebnissen konfrontieren will.
Die Bestimmung der chemische Wasserqualität, die Grundlage der vom Projekt "Schulen für eine lebendige Elbe" erstellten Gewässergütekarten im Internet (s. o.), reicht allein nicht mehr aus. Was nutzt ein sauberes Wasser, wenn es darin nur wenige ökologische Nischen gibt, wie in begradigten oder gar mit Spundwänden versehenen Fließgewässer. Ohne eine Erhebung der geographischen Gegebenheiten, der Vegetation, der Gewässerstruktur sagt auch der biologische Gewässergüteindex (Saprobienindex) wenig aus und lässt sich kaum differenziert interpretieren.
Ausgangspunkt einer vergleichenden Herangehensweise unter Einbeziehung der Landnutzung kann eine Exkursion zu einem naturnahen Bach und zu einem denaturierten Gewässer sein. Aus den Beobachtungen bei diesen Exkursionen werden dann Fragen abgeleitet, die am Ende sogar bis zur Übernahme einer Bachpatenschaft oder der Initiierung einer Renaturierung führen können.
Erst der direkte Vergleich verschiedener Standorte (wie z. B. - demnächst ins Internet gestellt - im
tal) bzw. eine Exkursion, die den Schülerinnen und Schülern diesen Vergleich ermöglicht, verdeutlicht die Notwendigkeit abwechslungsreicher Lebensräume für eine vielseitige Artenzusammensetzung eines Gewässers. Dabei müssen die Arten gar nicht im einzelnen bestimmt werden, eine vergleichende Bestimmung der vorgefundenen Artenzahlen reicht zunächst aus.
Soll das direkte Umfeld der Messpunkte in die Untersuchungen einbezogen werden, kann auf die Protokollbögen zur Erhebung der geographischen Gegebenheiten aus dem Projekt "Schulen für eine lebendige Elbe" oder die ebenfalls oben schon erwähnten Protokollbogen von GRAW und BERG (2001, S. 43ff) zurückgegriffen werden. Für eine spätere Diskussion und Dokumentation empfiehlt sich auch das Fotografieren der Messstellen.
Wie schon unter 4.3 ausgeführt, geht die Einbeziehung der direkten Umgebung der Messstelle für die Analyse der Wechselwirkungen zwischen Wasser und Land nicht weit genug. Auch das weitere Umfeld, das Einzugsgebiet des Gewässers, muss - gerade unter dem Gesichtspunkt der nachhaltigen Landnutzung - berücksichtigt werden.
Die empirische Untersuchungsmöglichkeiten im Feld werden den schulischen Rahmen weitgehend sprengen. Dennoch entzieht sich dieser Themenkomplex unseren Bemühungen nicht vollständig und folgende Untersuchungen sind möglich:

  • Unterschiedliche Nutzungsformen des umgebenden Landes,
  • verschiedene physikalische Parameter des umgebenden Landes, die die regionalen Wasserkreisläufe bzw. den Abfluss des Wassers und den damit verbundenen Abtransport von Stoffen beeinflussen.

Hier ist an vergleichende Untersuchungen von verschieden bewirtschafteten Wäldern und Feldern zu denken. Sinnvoll sind die Untersuchung
- der Feuchtigkeit des Bodens (wiegen und Trockengewicht vergleichen
- dabei Wetterbeobachtungen der letzten Zeit heranziehen),
- der Temperaturschwankungen über den Böden im Tagesverlauf,
- der Versickerungsgeschwindigkeit von Wasser,
- des Boden-pH-Wertes, des Bodennitrats, des Bodenphosphats, wie auch der
- Vergleich der Werte im Wasser mit denen des angrenzenden Landes sowie
- Untersuchung von Schwebstoffen und deren Herkunft im Wasser (z. B.von mittransportiertem Sand).
Über die Arbeit im Feld hinaus können u. a.

  • aktuelle Karten,
  • historische Karten,
  • geologische Karten und
  • Flächennutzungspläne

zur Auswertung herangezogen werden.
Hierdurch können

  • frühere und aktuelle Gewässerverläufe verglichen und die Gründe für evtl. auftretende Kalamitäten (Hochwasser, Artenrückgang) erörtert,
  • unterschiedliche Nutzungsformen (Wald, Landwirtschaft, Naturschutzgebiet, Dorf, Stadt, Fischteiche ...) in die Interpretation einbezogen,
  • geologische Ursachen der chemischen Gewässereigenschaften berücksichtigt,
  • Einzugsgebiete ermittelt,
  • weitere Planungen der Behörden analysiert (und beeinflusst???) und
  • große Einleiter entlang der Fliessstrecke und deren Auswirkungen auf das Gewässer besser interpretiert werden.

Man könnte ferner

  • die im Gewässer ermittelten Messwerte in geologische Karten eintragen (als Hintergrundkarte im "Umweltatlas Wasser" der FWU), um so Rückschlüsse auf die Wechselwirkungen zwischen Land und Wasser zu erhalten, oder
  • Karten im "UmweltatlasWasser" hinterlegen, die die Flächennutzung entweder auf gezeichneten oder auf Satellitenkarten angeben.

5.2 Vergleichende Untersuchungen einer Schulen
Für die Schule "vor Ort" hieße das, dass nicht mehr nur punktuell gemessen, sondern eine geeignete Fliessstrecke an verschiedenen Messstellen biologisch, chemisch und bezüglich der Gewässerstruktur sowie der umgebenden Landnutzung untersucht wird.
Erst die Gegenüberstellung verschiedener, "ganzheitlich" aufgenommener Messpunkte ermöglicht qualifizierte Interpretationen der Standorte. Es ließe sich zeigen, worin der ökologische und damit auch der naturschützerische und letztendlich gesellschaftliche (volkswirtschaftliche) Wert "naturnaher", unbelasteter Standorte liegt.
Dabei muss nicht zwangsläufig jede Schülergruppe denselben Standort messen. Angemessen wäre gerade hier eine arbeitsteilige Untersuchung, die den Arbeitsergebnissen der einzelnen Arbeitsgruppen für das Gesamtergebnis der Lerngruppe mehr Bedeutung verleiht und die Schüler stärker in die Verantwortung nimmt, da die anderen Gruppen sich auf die Ergebnisse der einzelnen Arbeitsgruppen verlassen müssen.
Besonders aufschlussreiche Erkenntnisse ließen sich vermitteln, wenn die zu untersuchenden Messstellen an einem nicht zu großen Gewässer liegen, da sonst Änderungen entlang der von den Schülern zu erfassenden Messstrecke nicht registrierbar sind und Ufergestalt und Gewässersohle keinen so großen Einfluss auf die Gewässerqualität haben, so dass sich nur selten Unterschiede zwischen den Messstellen ermitteln lassen.
Wenn sich jetzt noch die Standorte in ihrer Lage und Gestaltung wie bei der Kirnitzsch und ihren Zuflüssen deutlich unterscheiden, ist zu vermuten, dass sich unterschiedliche Gewässergüten und vor allem Artenzusammensetzungen verdeutlichen und diskutieren lassen. Eventuell wird in einem derartigen Abschnitt sogar die Selbstreinigung der Gewässer demonstrierbar. Auf diese Art und Weise wird den Schülern die Bedeutung einer vielfältigen, kleinräumig strukturierten, abwechslungsreichen Gewässerstruktur deutlich. Geeignete Gewässer lassen sich leicht über die offiziellen Gewässergütekarten der Landesumweltämter finden.
An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass "Naturschutz" falsch verstanden wäre, würde man für alle Gewässer die Gewässergüte I oder II fordern. Nicht ohne Grund gibt es auch stenöke Zeigerarten für die Gewässergüten III und IV, die sich im Laufe der Evolution über Millionen Jahre in Gewässern mit eben diesen - von uns so bewerteten - "Gewässerarten" gebildet haben. Wären diese Gewässergüten nicht auch "natürlich", wären diese Zeigerarten nie entstanden, und Artenschutz heißt auch Artenschutz für derartige Arten. Allein der Schutz dieser Arten erscheint zur Zeit nicht so wesentlich, da es noch ausreichend Biotope mit derartigen Gewässerqualitäten gibt. Der Mangel liegt sicher bei Arten auf der anderen Seite der Güteskala.
5.3 Zusammenführung von Untersuchungen verschiedener Schulen
Zu fördern und zu fordern ist auch eine verstärkte Zusammenarbeit von Schulen an einem Gewässer. Diese könnten gemeinsame Exkursionen durchführen, gemeinsame Ausstellungen erstellen oder einzeln erstellte Präsentationen zumindest gegenseitig ausleihen, sie könnten sich über Besonderheiten und Unklarheiten bei der Untersuchung des Gewässers und des Einzugsgebiets austauschen. Eine vollständige Sicht auf das Gewässer wäre so erleichtert und die Werte der eigenen Untersuchungen erhalten einen völlig anderen Stellenwert, wenn sie nicht nur für die eigene Lerngruppe erstellt, sondern in einem größeren Zusammenhang eingebunden werden.
5.4 Beispiele und Anregungen für Unterrichtsprojekte
5.4.1 Unterrichtsimmanente Exkursionen
Die einfachste Form der Verdeutlichung der Beziehungen zwischen Gewässer und Einzugsgebiet stellt die unterrichtsimmanente Exkursion dar. Neben der Messung verschiedener Parameter können hier schon - ohne erheblichen Mehraufwand - die Prinzipien des ETR-Modells und nachhaltiger Landnutzung verdeutlicht werden.
Schon seit bald 20 Jahren untersuchen Leistungskursschüler der Fritz-Karsen-Schule in Berlin Neukölln im Rahmen des Kurses "Umwelt und Umweltschutz" die beiden Fliessgewässer Tegeler Fließ und Rudower Fließ.
Diese Untersuchungen finden in der Regel im Rahmen einer ganztägigen Exkursion statt, die zu verschiedenen Messpunkten an signifikant unterschiedlichen Standorten der Gewässer führen. In Abhängigkeit von den Gegebenheiten lassen sich hier Formen der Selbstreinigung und Varianzen in der Artenzusammensetzung aufzeigen.
Verglichen wird aber auch das Tegeler Fließ mit dem parallel laufenden Nordgraben, einem Gewässer, das seinen Ursprung bei Rieselfeldern im Nordosten Berlins hat und ebenfalls am Tegeler Hafen in den Tegeler See fließt. Interessant werden diese Untersuchungen hier weiter durch die Einbeziehung einer Phosphateliminierungsanlage auf der Fließstrecke.
5.4.2 Thematisieren aktueller Naturschutzmaßnahmen im Umfeld der Schule in den Unterricht
Unter dem Titel "Natürlich soll die Ise fließen - Bachrenaturierung ist interdisziplinärer Naturschutz" stellen DREIER und HINSKE eine Unterrichtssequenz mit einer 7. Klasse vor.
Angeregt durch einen Zeitungsartikel beschäftigten sich die Schüler mit der Renaturierung der Ise, einem kleinen Fluss im ehemaligen innerdeutschen Grenzgebiet, der bei Gifhorn in die Aller fließt.
Anhand aktueller und historischer topographischer Karten sowie verschiedener Profile des Gewässers untersuchten sie das Erscheinungsbild der Ise einst und heute und suchten nach Gründen des radikalen Ausbaus. Diese Untersuchungsergebnisse für das Aussehen der "Ise einst" und "Ise jetzt" (1989) wurden in Form von Pfeildiagrammen miteinander vernetzt. So wurde deutlich, wie aus einem flexiblen System durch menschliche Eingriffe ein starres wurde.
Schwerpunkt der Renaturierungsplanung waren nicht biologische und chemische Gesichtspunkte, sondern morphologische Strukturen. Hierbei wurden Flussverlauf, Grundwasserspiegel und Gewässerprofile herangezogen.
Anhand historischer Karten wurden Vorschläge für die Größe charakteristischer Flussschleifen von verschiedenen Abschnitten des Flusses erarbeitet. Mitarbeiter des Renaturierungsträgers führten für die Schüler eine Exkursion durch, bei der die vorher erarbeiteten Gesichtspunkte verdeutlicht wurden.
5.4.3 Ein Kooperationskurs Biologie/Geographie (Klasse 9)
In einem von Lichtner vorgestellten Unterrichtsgang wurde der "Flothbach", der in die Weser mündet, bei Stadthagen untersucht. Der Unterricht fand in einem Kooperationskurs Biologie/Geographie in Klasse 9, also in Kooperation zweier Wahlpflichtkurse, zwischen August und Januar mit je einer Doppelstunde pro Woche statt. Der Arbeitseinsatz der Schüler ging aber weit über den Unterricht hinaus.
Die von Lichtner dargestellte Unterrichtseinheit hatte folgende Struktur:
1. Doppelstunde: Was verbindet uns mit dem Lebenslauf eines Baches?
Hier ging es um die Einstimmung in das Thema, dem sich die Schüler auf verschiedene Art näherten, es entstanden Ideen für zu untersuchende Fragestellungen.
1. Exkursion: An die erste Doppelstunde schloss sich eine erste Exkursion zum zu untersuchenden Gewässer mit folgenden Schwerpunkten an:

  • Wie tritt das Wasser aus der Erde?
  • Wie formt das Wasser das Bachbett?
  • Wo zeigt der Bach anthropogene Einflüsse?
  • Welchen Zusammenhang gibt es zwischen Bachverlauf und Siedlungsstruktur?

Die Exkursion wurde von den Schülern auf Video dokumentiert.
2. und 3. Doppelstunde: Auswertung der Exkursion (auch anhand des Videos).
Dabei wurde auch auf geologische Voraussetzungen für die Entstehung einer Quelle eingegangen. Weiter Fragen waren z. B.:

  • Weshalb sind im Quellbereich so viele Moose und nur wenig Blütenpflanzen?
  • Wie kommt es zur Herausbildung von Prall- und Gleithang?
  • Uferbefestigung und Begradigung.
  • Bachverlauf und Siedlungsform.
  • Lebenswelt des Baches.

2. Exkursion und Exkursionsauswertung: Bestimmung biologischer und physikalischer Parameter an einer Messstelle.
Bei der Auswertung der biologischen Organismen wurden auch Beziehungen zu Organismen im "Gartenteich" hergestellt, um auf die spezifischen Anpassungen der Lebewesen an Fließgewässer hinzuweisen.
In der Folgewoche untersuchten Schüler in Kleingruppen verschiedene Abschnitte des Baches, um Unterschiede in den Standorten zu ermitteln.
3. Exkursion: Ermittlung chemischer Parameter
Da die Schüler vermuteten, dass für die unterschiedlichen Artenzusammensetzungen an den Standorten verschiedene (auch) chemische Parameter verantwortlich seien, führten sie in Kleingruppen Messungen der chemischen und physikalischen Parameter am Gewässer durch, nachdem sie die Methoden im Unterricht in der Schule geübt hatten. Im Einzelnen ermittelten sie

  • Strömungsgeschwindigkeit,
  • die Struktur des Untergrunds,
  • die Wassertemperatur,
  • den Gehalt von Sauerstoff, Phosphat, Ammonium, Nitrat und den BSB5-Wert.

Anhand der Ergebnisse der BSB5-Werte wurde auf das Vorhandensein von Mikroorganismen geschlossen, die dann kultiviert und untersucht wurden.
Bei der Auswertung der Messwerte kamen die Schüler auf unterschiedliche Einflussgrößen wie Bachbett, Struktur, Landwirtschaft und Kläranlage. Sie nahmen Kontakt zu der zuständigen Behörde (untere Naturschutzbehörde) auf und versuchten Gründe für die Zustände zu ermitteln.
Anschließend berichteten die Arbeitsgruppen von ihren Ergebnissen, wie über die Bedeutung des Ackerrandstreifenprogramms sowie die Aussage, dass die begradigte Struktur des Gewässers für das maschinelle Mähen und die schnelle Entwässerung (für die Landwirtschaft) notwendig sei, aber auch zu Hochwassern führen könne.
Durch Untersuchung der Saprobien stellten die Schüler eine Selbstreinigung fest und erkannten anhand der Erkundungen an den verschiedenen Messstellen die Notwendigkeit der Pflanzen für diesen Prozess.
Der Besuch einer Kläranlage und die Zusammenfassung und Darstellung der Ergebnisse der Unterrichtseinheit in einer Ausstellung rundeten die Unterrichtseinheit ab.
5.4.4 Zusammenarbeit von Wahlpflichtkursen verschiedener Fächer
Die Merian-Oberschule in Berlin-Köpenick führte unter der Koordination durch die Lehrerinnen Kleesen und Rasch mit Ihren Wahlpflichtkursen Erdkunde, Biologie, Chemie, Deutsch, Kunst und Arbeitslehre der 9. Klassen Untersuchungen an der Wuhle im Bezirk Köpenick durch.
Die Vorbereitungen, Fragestellungen und Untersuchungen waren arbeitsteilig auf die Kurse verteilt und erstreckten sich über mehrere Wochen. Die Fächer hatten hierbei folgende Schwerpunkte:

  • Erdkunde: Bedeutung des Wassers, Wasserkreislauf, Nutzungskonflikte und Geologie des Wuhletals
  • Biologie: Gewässer als Lebensraum, biologische Gewässergütebestimmung, Selbstreinigung
  • Chemie: Bedeutung des Wassers, Selbstreinigung, Trinkwassergewinnung, Abwasserreinigung, Eutrophierung und chemische Gewässergütebestimmung
  • Physik: Physikalische Kenngrößenermittlung, physikalische Eigenschaften des Wassers
  • Deutsch: verschiedene literarische Formen (Beschreibung, Reportage), Texte zu Wasser und Natur, kreatives Schreiben
  • Informatik: statistische Auswertung und tabellarische und graphische Präsentation der erhobenen Daten, Anwendung von Programmiersprachen
  • Arbeitslehre: Erstellen eine maßstabsgerechten Modells des Wuhletals
  • Kunst: Videodokumentation des gesamten Projektes mit Erstellung des Drehbuchs, Schneide-, Interview- und Aufnahmetechniken.

An einem abschließenden "Wuhletag" stellen sich die Schüler gegenseitig die Arbeitsergebnisse ihrer Kurse vor. Die Ergebnispräsentation fand aber nicht "im Saale" statt, sondern im Rahmen von Wanderungen in Kleingruppen entlang einer mehrere Kilometer langen Strecke des Untersuchungsobjekts in der Näher der Schule. An verschiedenen Stellen wurden Fragestellungen, Methoden und Ergebnisse der verschiedenen Arbeitsgruppen dargestellt. Jeder Schüler war an diesem Tag Vortragender und Zuhörer.
Abschließend wurden die Arbeitsergebnisse in eine Ausstellung in der Schule einer größeren Öffentlichkeit präsentiert.
5.4.5 Kursfahrten in der Sekundarstufe II
Die sicherlich umfangreichste und differenzierteste Betrachtungsweise der hier zur Diskussion stehenden Thematik bietet eine themengebundene "Forschungsreise" mit Schülern.
Die Leistungskurse der Fächer Biologie und Chemie der Fritz-Karsen-Schule in Berlin-Neukölln führen regelmäßig eine etwa 10-tägige Kursfahrt mit gewässerökologischem und "landnutzerischem" Schwerpunkt zur Jugendnaturschutzakademie der Grünen Liga (E-Mail) nach Brückentin in Mecklenburg-Vorpommern durch.
Das Gebiet liegt am Rand der Mecklenburgischen Seenplatte, grenzt an den östlichen Teil des Müritz-Nationalparks und zeichnet sich durch geringe Besiedlung, viele Seen, Wälder und Moore sowie landwirtschaftliche Nutzung unterschiedlichster Formen aus. Die untersuchten Seen haben verschiedene Trophiestufen, die Fließgewässer verschiedene Gewässergüteklassen, die sich z. T. auch im Gewässerverlauf ändern, die untersuchten Höfe sind Bioland-, Umstellungs- und konventionelle Betriebe.
Jeder Schüler nimmt an mindestens einem fächerübergreifenden Projekt verbindlich teil, deren Themen von den Lehrern vorgeschlagen werden, aber von den Schülern nach Interesse und Gegebenheiten variiert werden können. Planung, Durchführung, Auswertung und Präsentation werden von den Projektgruppen selbständig durchgeführt und - was sehr wichtig ist - in Beziehung zu den Arbeitsergebnissen der übrigen Gruppen gestellt. Im Verlauf der Reise werden wiederholt Kolloquien durchgeführt, die den Schülern Einblick in die Fragestellungen, Arbeitsweisen und Probleme der übrigen Gruppen bieten und der inhaltlichen Verknüpfung der Arbeitsgruppen dienen. Am Ende der Kursfahrt werden von den Schülern die Arbeitsergebnisse im Plenum an Hand von selbst erstellten Postern vorgestellt, diskutiert und in einen Gesamtzusammenhang gebracht.
Themen der Arbeitsgruppen sind :

  • Vergleichende Untersuchung der Gewässergüte und -struktur zweier Fließgewässer unter Berücksichtigung der Dokumentation der die Gewässer umgebenden (Kultur-)landschaft
  • Vergleichende Untersuchung ausgewählter Seen unter Berücksichtigung der Dokumentation der die Gewässer umgebenden (Kultur-)landschaft
  • Vergleichende Untersuchung je eines biologisch, konventionell und in Umstellung befindlichen landwirtschaftlichen Betriebes
  • Vergleichende Untersuchung verschiedener Waldbiotope (Nadelholzkultur, Buchenwald, "Mischwald" unter Berücksichtigung forstwirtschaftlicher Aspekte)
  • Interessenskonflikte von Naturschutz, Land-, Forstwirtschaft und Tourismus im und am Nationalpark.

Gegenstand der praktischen Untersuchungen sind neben den klassisch gewässerökologischen Methoden chemische und physikalische Bodenanalysen, zoologische und botanische Artenzusammensetzungen der untersuchten Flächen, Hofbegehungen und -befragungen, Fragen der Tierhaltung und der Fäkalienentsorgung, der Düngung und der Erträge sowie der Vermarktung.
Durch die gezielte Auswahl von Höfen, anderen Flächen und Gewässern soll versucht werden, Beziehungen zwischen dem Zustand der Böden, der Gewässer und der Landnutzung herzustellen.
Dank nunmehr wiederholter Reisen in dasselbe Gebiet sind im Lauf der Jahre zahlreiche Kontakte mit Behörden (Bürgermeister, Förster, Nationalparkverwaltung) und Landwirten entstanden und liegt umfangreiches Untersuchungsmaterial aus den vergangenen Jahren vor, das auch einen Blick auf die Entwicklung des Landstriches ermöglicht, in dem in Vorwendezeiten überwiegend intensive Tierproduktion betrieben wurde. Artenzusammensetzungen der bewirtschafteten Flächen und ihrer Randstreifen und chemische Analysen von Land- und Gewässerökosystemen zeigen hier deutliche Veränderungen.
5.4.6 Bachpatenschaft als Thema einer Arbeitsgemeinschaft
Schulklassen, AGs, interessierte Einzelpersonen u. a. können Bachpatenschaften übernehmen. Dies sind freiwillige, ehrenamtliche Tätigkeiten zur Pflege und Renaturierung von Fließgewässern. Dazu gehören auch Beobachtung, Bepflanzung und Dokumentation der Arbeit. Rechtliche Basis ist in der Regel ein Partnerschaftsvertrag, der auf ein bestimmtes Gewässer oder einen definierten Gewässerabschnitt ausgerichtet ist, und zwischen dem Bachpaten und dem zuständigen Gewässer-Unterhaltungsverband oder der zuständigen Behörde abgeschlossen wird. Dieser Vertrag regelt auch die Rechte und Pflichten beider Vertragspartner. Der Bachpate erhält in der Regel vom Vertragspartner fachliche und in geringem Maße auch materielle Unterstützung, z. B. zum Ankauf von Pflanzen oder "Störsteinen".
Eine solche Bachpatenschaft ermöglicht es einer Schule, mehr Verantwortung und Handlungsspielraum für den Naturschutz zu bekommen. Die Schüler sind tatsächlich für einen Bachabschnitt verantwortlich und gehen nicht nur im Rahmen des Unterrichts einmal während einer Exkursion an das Gewässer. Erkannte Missstände können nicht nur dokumentiert, sondern auch behoben und langfristige Verbesserungen der Umwelt erreicht werden. Hierzu kann auch gehören, dass man mit den Anrainern und Einleitern in den "Vorfluter" Kontakt aufnimmt und über eine Verbesserung der "landseitigen" Situation des Gewässers spricht. Dabei wird man erkennen, wie viele Probleme verschiedene Sichtweisen haben, die irgendwie zu berücksichtigen und ggf. zu optimieren sind, mithin ein äußerst aktuelles sozialkundliches Lernziel.
Dass es sich hier nicht um einen "exotischen" Vorschlag handelt zeigt das Beispiel Hamburg Wandsbek. 1998 gab es allein in diesem Bezirk über 70 Bachpatenschaften, davon ca. 30 mit Schulen.

6. Literatur

Bosler, Ulrich; Holt, Antje von; Prigge, Stephan (2001) Schulen im Einsatz für eine "lebendige Elbe". in: Praxis Schule 5 - 10. Heft 1/2001, S. 34 - 37
Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (Hrsg.) (o.J.) Umweltpolitik. Konferenz de Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung im Juni 1992 in Rio de Janeiro. Dokumente. Agenda 21
Dreier, Bernd; Hinske, Mechtild (1989) Natürlich soll die Ise fließen - Bachrenaturierung ist interdisziplinärer Naturschutz. in: Geographie heute Heft 74, S. 14-20.
Vereinigung Deutscher Gewässerschutz e. V. (2001) Ökologische Bewertung von Fließgewässern. Schriftenreihe der Vereinigung Deutscher Gewässerschutz. Band 64. Bonn
Lichtner, Hans-Dieter (1996) Lebenslauf eines Baches - ein Kooperationskurs Biologie/Geographie (Klasse 9). Biologie in der Schule 45. Jg, Heft 5, S. 272-283.
Prigge, Stephan (1994) Gewässer im Stadtteil. Ansätze für eine fächerübergreifende Umwelterziehung auf den Sekundarstufen I und II. Behörde für Schule., Jugend und Berufsbildung, Amt für Schule, Hamburg, 2. Aufl., Hamburg.
Ripl, W. (1991): Das Energie-Transport-Reaktionsmodell (ETR-Modell) - ein prozessorales Wassermodell als Grundlage für eine reduzierte gesamtökologische Betrachtung. In: Dt. Ges. für Limnologie (DGL). Erw. Zusammenfassung der Jahrestagung (1991), S. 531-535.
Ripl, W. (1995) Management of water cycle and energy flow for ecosystem control - the energy-transport-reaction (ETR) model. In: Ecological Modelling 78 (1995), S. 61-76.
Ripl, W., Janssen, Th, Hildmann, Ch. & Otto, I. (1996): Entwicklung eines Land-Gewässer Bewirtschaftungskonzeptes zur Senkung von Stoffverlusten an Gewässer (Stör-Projekt I und II). In: Zusammenarbeit mit Trillitzsch, F., Backhaus, R., Blume, H.-P. & Widmoser, P. im Auftr. BMBF und LAWAKÜ Schleswig-Holstein. Berlin (Textband)
Vaupel, Dieter (2000): Schüler als Bachpaten. In: Schule in Aktion. März 2000, Raabe, Berlin, S.1-22.
Xylander, Willi; Naglschmidt, Friedrich (1985) Gewässerbeobachtung, Gewässerschutz, Leitfaden zur erfolgreichen Umweltarbeit. Verlag Stephanie Naglschmidt, Stuttgart 1985.
Bestimmungshilfen & Software
1. Graw, M. & Borchardt, D. (1999): Ein Bach ... ist mehr als Wasser ... . Hessisches Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Forsten:
S. 193: Wasserqualität - vereinfachte Untersuchung
S. 191: Gewässerstruktur und Gewässerumfeld
2. Wieber, R., Schäfer, Th. et al. (2000): Lernort Gewässer. Bayerisches Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen und Bayerisches Staatsinstitut für Schulpädagogik und Bildungsforschung (Eigenverlag):
S. 73+74: Querprofil, Strömung und Abfluss
S. 79: Strukturelemente
S. 81: Überschwemmungsflächen
3. Prigge, S. (1994): Gewässer im Stadtteil:
S. 9-23: Wasserpflanzen als Zeigerorganismen
S. 24-25: Planktonlebewesen als Zeigerorganismen
S. 26-28: kurze biologische Gütebestimmung nach Xylander & Naglschmid
4. Barndt, G. & Bohn, B. (19967): Biologische und chemische Gütebestimmung von Fließgewässern (LISUM <ehem. PZ Berlin>, jetzt VDG):
S. 58-79: Bestimmung des Saprobienindex
S. 81: Zuordnungsraster zur chemischen Gütebestimmung
5. Protokollformulare vom Ökowerk zur
Chemischen Gütebestimmung nach Bach (unter Nutzung eines Taschenrechners, jedoch nicht des Umweltatlas Wasser der FWU)
6. Auswertung- und Präsentationssoftware für Gewässerdaten im Umweltatlas Wasser: 6200030 FWU, ca. 70 €
1. und 4. liegen jetzt zusammengefasst in einer Überarbeitung vor: Ökologische Bewertung von Fließgewässern. Bonn (VDG), 2001.