Von Johann-Wolfgang Landsberg-Becher
Die Elbe-Camps in der Ostrauer Jugendherberge haben mittlerweile Tradition. Über viele Jahre wurden Messwerte zur Qualität des Wassers im nahe gelegenen Kirnitzsch-Bach erfasst. So konnte man entlang der Fließstrecke des Baches die Veränderungen der Wasserqualität beobachten. Im Laufe der Jahre wurde ersichtlich, wie sehr unsere Messwerte untereinander übereinstimmten. Wir nahmen dies mit einem lachenden und einem weinenden Auge zur Kenntnis: die Konstanz der Messwerte zeigt die Güte unserer Messungen, sie zeigt aber auch, dass sich nur wenig oder nichts verändert oder gar verbessert hat.
Der Kirnitzsch-Bach schlängelt sich durch ein äußerst romantisches und bewaldetes Tal der sächsischen Schweiz und mündet in Bad Schandau in die Elbe.
Bei aller Beschaulichkeit mussten wir aber stets eine große Stickstofflast konstatieren und sahen gelegentlich Abwasserpilze. So stellt sich die Frage nach den Quellen dieser Belastungen. Auf der Suche nach diesen verfolgten wir zwei kleine in die Kirnitzsch mündende Bäche, die Goldgründel und den Dorfbach. Ferner gingen wir vom Wasser aufs Land, das heißt, wir achteten nicht nur auf die Qualität des Wassers, sondern auch auf die Beschaffung und Nutzung des Bodens im Einzugsgebiet der Bäche.
Die Lage der Bäche zueinander ist in der Skizze dargestellt. Beide münden in die Kirnitzsch. Im Oberlauf fließt der Dorfbach durch das kleine Altendorf, dessen kommunale Abwässer in den Bach eingeleitet werden. Zwischen den Oberläufen und oberhalb der Bäche ist ein großes Rapsfeld.
Ein kurzer Überblick zeigt, dass die Bäche auch im naturnahen Oberlauf vom Menschen beeinflusst nicht mehr ihrem natürlichen Lauf folgen. Das Ergebnis der Analyse der Gewässerstruktur ist bei unterschiedlichen Methoden der Beobachtung und Auswertung (von einfachen Protokollformularen für Grundschüler über Formulare für Oberschüler bis hin zu umfangreichen Formularen für Abiturienten) einheitlich kritisch (die Protokollformulare und dazu gehörigen Anleitungen werden demnächst als CD angeboten, bis dahin können Kopien beim Verfasser angefordert werden). Über weite Strecken werden die Bäche in ihrem Lauf eingeschränkt. So fließen sie schneller ab. Hinzu kommt, dass die Solen der Bäche mit Steinschüttungen, Schwellen und Solabstürzen verbaut sind. Daher ist es nicht verwunderlich, wenn in diesem Tal auch nur äußerst kleinwüchsige Forellen leben.
Im Unterlauf der Kirnitzsch werden zu viele Nährstoffe (Nitrat und Phosphat) verfrachtet, wie insbesondere die Messwerte an der Brücke bei Ostrau zeigen. Dort ist der Bach - ein Bach im Mittelgebirge unterhalb eines Nationalparks! - bezüglich der Nährstoffe mit der schlechtesten Gewässergüteklasse zu bewerten. Im weiteren Verlauf werden die Nährstoffe teilweise abgebaut. Wo kommen diese Nährstoffe aber überhaupt her, von der industrialisierten Landwirtschaft?
Gewässer | Goldgründel | Dorfbach | Kirnitzsch | ||||
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Ort | Altendorf | Klamm | Mündung | Lichthain | Ostrauer Brücke | Mündung | |
pH | 6,5 | 7,5 - 8 | 8 | 7,5 - 8 | 6,5 | 6,8 | 7 |
NH4+ in mg/l | 0,335 | 10 | 10 | 0,2 | 0,1 | 1 | 0,1 |
NO2- in mg/l | 0,02 | 0,1 | 1 | 0,02 | 0 | 0,5 | 0 |
NO3- in mg/l | 0 | 0 | 5 | 10 | 0,5 | 12 | 0 |
PO43- in mg/l | 0,5 | 6 | 6 | 5,5 | 0,5 | 2 | 0,2 |
°dH | 7 | 10 | 10 | 12 | 0 | 3 - 4 | |
Chem. Index | 1 - 2 | 3 - 4 | 4 | 3 | 1 - 2 | 3 - 4 | 1 - 2 |
Biol. Index | 2,2 | keine Tiere | 1,5 | 1,2 | 1,7 | ||
Gewässerstruktur: | |||||||
Kurzfassung f. 4. - 6. Klasse | 1.5 | 2 | 2,3 | 1,3 | 2,7 | ||
7. - 10. Klasse | 1 | 2,6 | 1,8 | 2 | 2,4 | ||
11. - 13. Klasse | 1,2 | 1,8 | 2,5 | 1,8 | 2,1 | ||
Langfassung | 2 | 3,4 | 2 | 2,4 | |||
Wasserqualität: | |||||||
Kurzfassung | 2 | 4 | 1 - 2 | 2 | |||
Farbe | gelb/trüb | grau | milchig | grau (Einleiter) | |||
Geruch | ja | muffig | ja (Einleiter) | ||||
Einleiter | ja | oberhalb | |||||
Steinunterseiten | grau/schwarz |
Entlang des Dorfbachs lässt sich mittels der chemischen Wasseranalyse der Verbleib des Ammoniums beobachten. Am Bachanfang tritt es in hohen Konzentrationen auf, während am Ende des Baches nur in einer sehr geringen Konzentration vorhanden ist. Umgekehrt war in Altendorf überhaupt kein Nitrat im Wasser enthalten, dessen Konzentration jedoch entlang des Baches zunahm. Das Ammonium wurde offenkundig von Mikroorganismen oxidiert. Die Oxidation erfolgte über einen Zwischenschritt, der Bildung des weniger stark oxidierten Nitrits:
Es sieht so aus, als ob die Abwässer aus den Siedlungen die entscheidende Belastung dieser Elbe-Zuflüsse darstellen. Eingeleitet werden dort Phosphat und Ammonium, doch wo bleibt letzteres, von dem am Ende des Baches ja nur noch Spuren vorhanden sind?
Entlang des Dorfbachs lässt sich mittels der chemischen Wasseranalyse der Verbleib des Ammoniums beobachten. Am Bachanfang tritt es in hohen Konzentrationen auf, während am Ende des Baches nur in einer sehr geringen Konzentration vorhanden ist. Umgekehrt war in Altendorf überhaupt kein Nitrat im Wasser enthalten, dessen Konzentration jedoch entlang des Baches zunahm. Das Ammonium wurde offenkundig von Mikroorganismen oxidiert. Die Oxidation erfolgte über einen Zwischenschritt, der Bildung des weniger stark oxidierten Nitrits.
Dies zeigen die Messungen sehr schön: am Bachanfang ist nur wenig Nitrit vorhanden, dessen Konzentration dann aber schnell zunimmt. Im Unterlauf nimmt diese wieder ab, schließlich liegt das giftige Nitrit nur noch in Spuren vor.
Geht man über die Rapsfelder, entdeckt man schnell die Herkunft der gelblichen Trübung der Goldgründel und die der milchigen des Dorfbachs in seinem mittleren Lauf.
Der über den Feldern heruntergehende Regen kann nicht zurückgehalten werden und fließt den Hang hinab in die Bäche. Der Boden liegt bloß da, schützende Streifen von Feldgehölzen, die mit ihren Wurzeln den Boden zurückhalten, gibt es nicht.
Im Gegenteil, kleine Gräben lenken das Regenwasser in der Falllinie auf kürzestem Wege in die Bäche. Die Folgen derartiger Bewirtschaftung werden am Feldrand ersichtlich, wo die abfließenden Wassermassen tiefe Rinnen erodiert haben. Mit dieser Bodenerosion gehen die wertvollsten Bestandteile der Ackerkrume verloren, was dann mittels chemisch-synthetischer Dünger ausgeglichen wird und dann wieder zu neuen Belastungen der Gewässer durch den Eintrag von Nährstoffen führt.
Dieser kleine Bericht soll zeigen, wie mit derart einfachen Methoden eine ganze Reihe von Unterrichtsinhalten: Stickstoffkreislauf, nachhaltige Landwirtschaft und Gewässerschutz behandelt werden können.